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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Editor]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0247

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taucht einen Brocken des ungesäuerten Brodes in das Schüssel-
chen, welches zu dem sehr trockenen Osterlainmsbraten eine Es-
sigaauce enthielt.

3) Es läfst sich aber auch erweisen, dafs man bei Zeiten an-
fing, aus der zum Schöpfen ausgehöhlten Kruste des Brodes einen
sogenannten Taubmannischen Löffel zu machen und damit die Brühe
und Alles, was etwa darin lag, aufzufassen und an den Mund
zu bringen. Zwar scheint die gewöhnliche, ganz fladenartige,
mehr zum Brechen als zum Schneiden eingerichtete Form des
Brodes, die wenig Dicke und Krume bot, einer solchen Aushöhlung
nicht günstig gewesen zu sein, allein wer mag alle Brodarten
und Künste des Brodbackens, die bei den Alten mit gröfster Vir-
tuosität geübt wurden, ergründen und bestimmen können» Das
Brödzu solchen imp.rovisirten Löffeln fehlte gewifs nicht*). In dem
für die Technologie und Kennlnifs des inneren häuslichen Lebens
der Alten so wichtigen Onomasticon des Pollux, welches, zur
Beschämung unserer sprach- und sachkundigen Philologen sei es
gesagt, noch immer einen neuen Herausgeber erwartet, kommt in
dem ausführlichen Abschnitte, wo die Benennungen aller Tischte- -
dürfnisse und Geräthschaften aufgezählt werden, auch das Wort
Mistvle vor, welches ein Grammatiker so erklärt: Mi style ist
ein ausgehöhlter Bro d uro c ke n, der, um Brei oder
Tunke zu geniefsen, vertieft .wurde, für welche Art
des Essens auch ein davon abgeleitetes Zeitwort gebildet wurde **).
Was war natürlicher, als dafs man nun an ein so ausgehöhltes Stück Bred
einen Stiel, Span (spoon der Engländer) steckte und sich auf diese
Weise einen Löffel erschuf, der, wenn das Brod erweicht war, ent-
weder gegessen oder unter den Tisch geworfen wurde, eine Sitte,
von welcher sogleich ausführlich berichtet werden soll. Was das
Essen anlangt, so erinnert diefs an den oft belächelten Orakelwitz
in Yirgil's Aeneide, wo die an der Küste von Laliuiu endlich ge-
landeten Gefährten des Acneas einen so glänzenden Malrosenappe-
tit entwickeln, dafs sie die Tische mit den Speisen zugleich ver-

*) Ich würde es unter der Benennung v.o\iv.e; Und v.lXXaßci bei den
Griechen, unter der panis buccellatus bei den Kömern suchen. Man
vergl. vor Allem den von den Brodarten handelnden Abschnitt bei
Pollux VI, 72 — 74, der durch Stellen aus dem dritten Buche des
Athenäus und den diätetischen Schriften des Galenus zu erläutern
ist. Die Art, wie der Brodkuchen geknetet, geglättet und ge-
backen wurde, lernt man am bel'sten aus dem Moretum kennen,
eine Idylle, die dem Virgil zugeschrieben wird und seiner nicht
unwürdig ist.

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oü neu ts /<tfffuX»j$»ffjSto;i kiytvctv. Pollux VI, S7. Vergl. X, 89.
 
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