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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0354

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Weifer llefs sich nun wolil die bestialische Seilfänzerei nicht
treiben. Aber die menschliche mag sich noch durch manchen neuen
Versuch überboten haben. Wenn man die astrologischen Schrift*
steiler des'Alterthums nachschlägt, die Mathematiker im da-
mals üblichen Sinn des Worts, die für uns wenigstens noch den
Vortheil haben , dafs wir alle freien und losen Künste jener Zeiten
darin verzeichnet und beschrieben finden , so erstaunen wir über
die mancherlei Classen und Abstufungen dieser Tausendkünstler,
bei welchen jeder Fufstrilt der nächste zum Halsbrnch, jeder Sprung-
ein Salto mortale war*). Das sublimste Wagestück in dieser
Art scheint unter den späteren Kaisern Carinus und Numerianus,
211 Ende des dritten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung, staltgefun-
den zu haben. Nicht auf einem Seile, sondern auf einem b losen
Faden von Darmsaiten, spazierte da im Thealer ein Virtuos,
judem er statt der leichten Tänzersohlen in stelzenartigen Cothur-
nen eiiiherschritt. Ein solcher hiefs daher auch nicht Seiliänzer,
sondern Sa i teil t an z er **). Im Mittelalter scheint Aegypten die
fruchtbarste Erzeugerin der tollkühnsten Lnftwandler nud Kunst-
springer gewesen zu sein. So schildert uns der Byzantiner Nice-
phorus Gregoras eine ganze Bande von Tänzern und Lnf(Sprin-
gern, die im 13ten Jahrhundert von Aegypten ausging, ganz Asien
durchzog und endlich bis nach Cadix kam, mit einem Detail, das
nichts zu wünschen übrig läfst ***). Der ehrliche Erzähler ver-

phantologie nachschlagen wollte, fände vielleicht auch aus asiati-
schen Reisebeschreibungen Belege dazu, Der kühne Kritiker Ri-
chard Bentley Iiat sogar einen Vers des Mani litis, Astron. V,
706., diesem Seiltanz der Elephanten aufgeheftet, ist aber von
d'Orville in den Anmerkungen zum Chariton p, 591, etwas un-«
sanft darüber gestreichelt worden,
*) Man sehe des Manetho Apotelesmatica V, 146. VI, 440 IT. (mit
d'Orville's firliiuterungen zum Chariton p, 607 f.) und Ma-
nitius, Astron. V, 65t fi". Endlich auch des Julius Firmicus
Astronomicon YIII, 15. 17. Warum hat uns noch Niemand eine
Technologie der alten Welt aus den Astrologen und Traumdeu-
tern gegeben? Was ein Paul von Stetten und Rothe aus
den alten Chroniken und Stadtbüchern für Augsburg und Nürn-
berg thaten, liefse sich hier lür Alexandrien und Rom aus diesen
jetzt kaum noch gekannten Quellen schöpfen. Doch die neueste
pantheistische Philosophie wird helfen. Nach deren Siderismus
nuifs der Astrologismus an die Reihe kommen!
**) Neurobates. Neurobaton, sagt Vopiscus vom Kaiser Carin c. 19,
qui velut in ventis cothurnatus ferretur, exhibuic, wie Saumaise
p. 817. dieses Wort gelehrt erläutert,
***) Einer von dieser Bande liefs sich die Augen verbinden, einen
Knaben auf die Schultern setzen, und tanzte so von einem Seil»
 
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