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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Editor]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0366

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354

Was Clingens die indianischen Gaukler und Aequilibrisfen an-
belangt, so sind diese gewifs so alt, als die Geschichte uns
Denkmale aufbewahrte. Ans einer Stelle in dem historischen. Al-
lerlei, welches uns der Sophist Aelian *) hinterlassen hat, geht
hervor, dal's schon bei der berühmten Hochzeitfeier, als sich
Alexander zn Persepolis mit der Tochter des Darias vermählt«,
unter anderen Intermezzi und Tafelbeliislignngen auch indische
Gaukler die Gäste durch ihre Kunststücke unterhielten. In der
Kasteneintheilung der Indianer machen die Gaukler eine eigene
Unterablheilnng, und da werden diese Künste von der frühesten
Kindheit an bis zur bewundernswürdigsten Fertigkeit eingeübt.
Aus der Beschreibung, die wir bei den neuesten Reisenden über
diese Kunstfertigkeiten finden, geht deutlich hervor, dafs unser
Madrasser Acquilibrist, gewifs einzig in Europa, doch in seinem
Vaterlande leicht einer der untersten sein dürfte und noch manchen
Meister über sich habe. Es sei gestattet, aus den Berichten eines
glaubwürdigen Augenzeugen, die in einem unter uns viel zu schnell
vergessenen, wahrhaft classischen Werk über die Hindus und
ihre Sitten uns initgetheilt werden **), Einiges iri's Gedächtuifs
zurückzurufen.

Zuerst wird im Allgemeinen bemerkt, dafs die Iudier ihren
Körper von Jugend auf nicht so sehr in Kleidung einzwängen und
sieb weit mehr im Laufen, Springen u. s. w. körperlich ausbilden
als die Europäer, wodurch sie eine unglaubliche Leichtigkeit und
Schnelligkeit erhalten. Nun vergleicht er die männlichen und weib-
lichen Stangenkletterer und Seiltänzer der Indier mit den unsrigeii
und zeigt, bis zu welcher unglaublichen Schaustellung so Män-
ner als Weiber es dort bringen, was in einem eigenen co-
lorirten Prospect (No. 6.) des Paradeplatzes des Fort St. George
uns vor's Auge gebracht wird. Nun kommt er auf die eigentlichen
Gaukel- und Tascbenspieleistreiche. „Sie stecken sich", lieifst es
hier, „eine zweischneidige Degenklinge, von 2 bis 2£ Fufs
lang, deren Spitze und Rand jedoch stumpf ist, durch den Hals

Codex, T. VI. p. 92. ed. Ritt,, Alles beigebracht. Man ver-
gleiche auch P. E. Müllers Comiu, de genio aevi Tbeodosiani
Part. II. p. 89 ff.

*) Aelian V. IT. VIII, 7,, wo Perizon die indischen Gaukler
wohl hätte dulden sollen.

**) Briefe über Ostindien, geschrieben aus diesen Ländern von
C. C. Best, Hauptmann bei den hannoverschen Truppen in Ost-
indien, herausgegeben von K. G. Küttner, mit colorirten Ab-
bildungen und Prospecten (Leipzig. Göschen. 1807, in 4.). Wir
haben im Teutschen kaum etwas Gründlicheres und Anschaulicheres.
Die hier angeführte Stelle befindet sich im 19ten Briefe S, 135
— 139.
 
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