Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Editor]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0417

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
405

Diese schwebenden Bilder (Oscilla in der Sprache des Land-
inaniis bei'm Virgil) können nach Allem, was die Grammatiker und
Seholiasten Witziges darüber gesagt und gesammelt haben *), nichts
Anderes gewesen sein als Maskeu mit einer Verlängerung, die
den Rumpf eines Körpers vorstellte, und an welcher ein Ilbypbal-
lus oder in der neuen Sprache der Völker am Ganges eiii Lin-
gam, entweder als Symbol der Fruchtbarkeit oder als das kräftig-
ste Verwahrt!ngsmittel gegen alle Zaubereien, augebracht war.
Und aus der zuletzt angegebenen Ursache dürfte wahrscheinlich
diese abergläubische Sitte noch befriedigender erklärt werden kön-
nen als aus der ersteren **). Es wufste nämlich die Rockenslu-
benphilosopbie des Allerthums ganz erschreckliche Dinge von der
Gewalt geheimer Zaubersprüche und Hexereien zu erzählen, womit
man den Oel- und Rchenpflanziingen seines Nachbars den empfind-
lichsten Schaden zufügen oder wohl gar die Früchte und Aeluen
aus fremden Kornfeldern durch eine magische Magnetisirung auf
die seinigen herüberzaubern könne; eiu Aberglaube, der selbst bei
den ernsthaften Römern durch eine ehrwürdige Gesetzesformel in
ihren zwölf Tafeln eine öffentliche Sanclion und Bestätigung er-
halten hatte ***). Ganz besonders aber hielt man die Blicke ge-
wisser Menschen, die auf der Netzhaut ihrer Augen vou jedem
Gegenstand ein doppeltes Bild empfangen und daraus einen ganz
eigenen, Alles versengenden Lichtstrahl hervorschiefseu sollten, für
gefährlich f). Gegen alle diese Behexungen und Verzauberungen

*) S. den Servius zu dieser Stelle, den Macrobius I, 7. und II, \md
die alten Glossarien, wo Oscilla durch wpo<rwTs7«, Masken, er-
klärt werden. Vergleiche Scaliger zum Ausonius p. 503. ed. Toll.

**) Spence hat in seiner Polymetis die Erklärung von den Oscillen,
als Symbolen der Fruchtbarkeit, sehr sinnreich ausgeführt. S.
Heyne zu dieser Stelle, Merkwürdig ist übrigens eine Gemme
bei'm Matfei, Gem. Antich. T. III. tab. 64., wo wirklich solche
Oscillen als Masken an einem Baume aufgehangen sind. Vergl.
Gori, Museum Florent. T. L tab. 48, 9.

**) Die Formel, qui fruges excantassit, ist aus dem Plinius XXVIII,
2. s. 4. und Anderen hinlänglich bekannt und am befsten von
Geotfroy zum Codex Theodos. T. EOG p, 117, ed, Lugd. erläutert.
Die Stellen der Alten über diesen bis auf die neueren Zeiten fort-
gepüanzten Aberglauben gibt Broekhuys zu Tibull's bekanntem
Vers: Cantus vicinis fruges deducit ab agris, I. 8. 19.
■]-) Die Hauptstelle über die Fascination — so hiefs bekanntlich diese
Art von Zauber .— ist bei'm Plinius VII, 2. s. 2. Alle Stellen
der Alten findet man schon bei'm La Gerda zu Virgil*« Kclogen
III, 103. Die Sache verdient doch immer noch die Untersuchung
eines philosophischen Augenarztes. Denn irgend etwas mufs auch
hier zum Grunde gelegen haben. Leonardo Vairo, ein Benedict!-
 
Annotationen