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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0419

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ein, die Von frommen Personen als Anmiete Jn Bingen getragen
und erst später von der befleckten Einbildungskraft ausgemergelter
Wollüstlinge beflügelt und in unsaubere Spintrien verwandelt wur-
den *). Hierher gehören dann auch, wenigstens dem einen ßc-
standtheile nach, die schwebenden Bilder, die nach dem Zeugnisse
des Virgil die italienischen Laudleule bei den ländlichen Baccbus-
l'eslen an eine schlanke, ihre Fluren übersehende Pigne aufhingen.

Aber eben dieses Oscillum bestand seinem oberen Theile nach
aus einer Larve, und so wurde auch die Maske als ein zauberlö-
sendes Mittel angesehen. Die gegen die Bezauberungen aufge-
bangenen Mittel, sagt Plularch in einer merkwürdigen Stelle, "wo
er dieses Alles physisch zu erklären sucht **L erhalten dadurch
ihre Wirkung, dal's sie durch das Auffallende und Lächerliche ih-
rer Gestalt den schädlichen Zauberblick auf sich heften. Gerado
diefs war nun auch der Fall bei den in ein lächerliches Fratzen-
gesicht verzerrten Masken , die wahrscheinlich auch von den Ver-
zerrungen des weit geöffneten Mundes die Benennung Oscilla (Maul-
sperren) bekommen haben *♦*). Man glaubte, durch das Aufhän-
gen oder Aufstellen dieser Alles zu verschlingen drohenden Carn-
kaliirniasken jedem gefährlichen Einflufs der Mifsgnnst und Zaube-
rei entgegenwirken zu können. So wufste der Aberglaube aus
den häfslichstcn Gestalten sich eine Beruhigung zu verschaffen.
Die Bildner in Erz, Marmor, Wachs und Thon ermangelten nicht,
die Nachfrage nach solchen ungeslalten Anmieten zu ihrem Yor-
theile zu benutzen, alter auch mit dem 'Wachsthnme der Kunst die-
sen alles Gefühl des Schönen beleidigenden Schreckgestalten ihre
Häfslichkeit nach und nach auszuziehen und ihnen nur so viel von
ihrer ursprünglichen Form übrig zu hissen, als zur Bezeichnung

Einen Phallus, der als Amulet an einem Ringe befestigt ist, hat
Tb. Bartholin, de puerperio veterum p. 161,, abbilden lassen.
Allein man grub diese Figur ans abergläubischen, nicht unreinen
Ideen auch auf Gemmen, wovon man mehrere Beispiele in Win-
ckelmann's Descriptions de pierres gravees du B. de Stoscb n. 16-18 if.
p. 265. iindet. Spätere Raffinements ausgearteter Wollüstlinge s.
in Tassie's Catalogue n. 5314—5328. Offenbar lag ursprünglich
auch bei diesen Vorstellungen die Idee von der erzeugenden Na-
turkraft zum Grunde, über welche Court de Gebelin in seinem
monde primitif zwischen den unstatthaftesten Hypothesen doch auch
viele scharfsinnige und gelehrte Yennuthungen vorgebracht hat.
**) In Sympos. V, 7. p. 681 f. ed. Frf.
***) Ich kann der Etymologie, die Vofs im Etymolog, und Schräder in
Lennep's Etymolog, p. 1245. vorgetragen haben, dafs Oscillum so
viel sei als ObsciUum, nicht ganz beipflichten. Ich leite es mit
Scaliger zum Festus s. v. Oscillum p. 315. von os und cillero, be-
wegen, ab und beziehe es auf die Verzoll ungen in der Maske.
 
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