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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0431

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wird man in Champollion's Pantheon Egyptiaqne, wo die drei Göt-
terdynastiecn nach den entzifferten Namenschildeii nns vorgeführt
werden, vergeblich nach einem Satnrniis suchen. Vielleicht, dafs
man später einmal, wie auch Jablouski *) andenlet, den Serapis
damit verwechselt hat. Aber das ganze lustige Wesen, durch al-
len Zauber der Musik,i der Gartenkunst, der Tänze, selbst wol-
lüstiger Gemälde (peinlnres voliiptueuses) u. s. w., womit man den
Trübsinn und die Melancholie der Kranken erheitert und bannt,
widerstrebt durchaus der streiiggeregelfen, ernsten, lugiibern, fru-
galen Denk- und Lebensweise der alten Aegypter und der über
sie herrschenden Prieslerkaste. Es ist baarer Unsinn, in damali-
ger Zeit an so etwas zu denken. Unter den Ptolemäern freilich,
in Alexandria, Canobus, Memphis, da war das Genufsleben (de-
liciae) ganz zu Hause. Allein auch damals halte Saturnus nie
einen Tempel am Nil. In der That, liest man die Pinersehe
Schilderung, so mochte man glauben, dafs sie ans demselben Far-
bentopfe gepinselt sei, aus welchem der Scholle Ramsay in seinem
Leben des Sethos und der Irländer Thomas Moore in seinem vor
Kurzem erst erschienenen Epicuräer die Gaukelspiele und Täusch-
ungen der ägyptischen Priester, wenn sie gewisse Zwecke errei-
chen wollten, so verschwenderisch ausgemalt und so vielen Leicht-
gläubigen den Wahn cingeflöTst haben, dafs das Alles in allen
Schriftstellern so zu lesen sei.

Indcl's ist doch keine Erdichtung der Art ganz aus der Luft
gegriffen. Wie kam, so mag man allerdings fragen, der Salur-
jitistempcl zu dieser Ehre, eine Heilanstalt für Verwirrfe und Wahn-
sinnige zu werden, und wie kam man zu der Vorstellung, diese
Besäiifligungsmethode, die Melancholie durch angenehme Zerstreu-
ungen und Sinnenreize zu heilen, gerade nach Aegypten zu ver-
pflanzen'? Meine Zeit geslattet mir zwar nicht, der (Quelle dieses
Irrthums in deri Schriften früherer Aerzte nachzuspüren **). Aber
ich erlaube mir wenigstens, eine Muthmafsung über die Entstehung
dieser Sage anzugehen.

Es ist bekannt, dafs die Serapeen oder Serapislcmpel zur
Zeit der Römer kurz vor und unter den römischen Kaisern zu-
gleich als Krankenhäuser und Lazarethe dienten, weil der neue
Weltheiland Serapis damals von Aegypten aus übe* die ganze rö-
mische AVeit im Umfange des mittelländischen Meeres sich ver-
breitete , und seine Heilkraft von den Serapispriestern durch eben
so grofse Wunderkuren bestätigt wurde, als früher in den Aescu-
lapiustempelu geschehen war. Ich berufe mich hier nur auf die

*) Jablonski L. I. und P. II. p. 73.
■**) Curt Sprengel in seiner classischen Geschichte der Arzneikunde
weifs auch in der neuesten Ausgabe des isten Theils nichts da-
von,

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