allen Menschen, d. h. aus dem ganzen Reiche die Treuesten. Wir dürfen
kaum daran zweifeln, daß Dio hier wesentlich auch „den Philosophen“
gemeint hat.
In diesen so viel als offiziellen vier ersten Reden wird der Gegen?
satz zwischen der rechtmäßigen Herrschaft, wie die des Trajan für Dio
ist, und der Tyrannis konsequent festgehalten. In zahlreichen Stellen
anderer Reden aber scheut sich Dio nicht, die Herrschaft überhaupt als
etwas Unglückliches für den Regenten wie für die Regierten zu be*
zeichnen und auf den Mangel an jeglicher Garantie des Imperiums him
zudeuten. Der Perserkönig, von Verrat umgeben und nur auf seine
Leibwache gestützt, wie ihn Diogenes in der sechsten Rede schildern
muß, ist doch nur der Kaiser. Auf einmal wechseln mit den Worten
TÖpavvog, ropavvig die Ausdrücke pbvapyog, povapyta ab; es wird in
düsterm Sinne geredet von der beständigen Furcht vor gewaltsamem
Tode in einem nicht zu berechnenden Moment, von dem Undank derer,
welchen man Wohltaten erwiesen, von der Unmöglichkeit der Flucht
aus dem weiten Reiche, vom Zorn der Freigesinnten und vom Trug
der Niedriggesinnten. Laut andern Stellen (73. Rede) kann es der
Monarch nicht vertragen, daß ein trefflicher Mann in seiner Nähe sei
und beim Volk Ansehen und Gunst genieße. Unsinnigen, ungerechten,
feigen Fürsten wird (62. Rede) damit gedroht, daß ihre Herrschaft nicht
lange zu dauern pflege. In der 21. Rede heißt es einmal: man erhebt den
Reichsten zum Kaiser, von dem man das meiste Geld erwartet. Eben*
dort wird über Nero mit Bitterkeit bemerkt: noch jetzt möchten alle,
daß er noch lebte. Anderswo (45. Rede) nennt er den Domitian den
stärksten und schwersten, der bei allen Hellenen und Barbaren Gebieter
(ds(T7tÖT7jg) und Gott hieß und eigentlich ein böser Dämon war.
Zum Schluß ist der Städtereden Dios zu gedenken, welche für
einige der betreffenden Orte zum Wichtigsten gehören, was über sie
aufgezeichnet ist. Absichtlich übergehe ich das ganze Verhältnis Dios
zu seiner Vaterstadt Prusa, obschon eine Reihe von Reden samt zwei
Briefen im zehnten Buche des Plinius davon Kunde geben, indem diese
Angelegenheit eine weitläufige Auseinandersetzung erfordern würde.
Für das städtische Leben überhaupt, besonders in Kleinasien, ist
zunächst die erste der drei Reden 7tepc dö^rjg, die 66. in der Reihenfolge,
von Werte. Sie bestätigt in hohem Grade, was man auch aus andern
Aufzeichnungen jener und der nächstfolgenden Zeit weiß: das Fortleben
einer mächtigen Ambition reicher Bürger, welche um bloßer Ehreris
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kaum daran zweifeln, daß Dio hier wesentlich auch „den Philosophen“
gemeint hat.
In diesen so viel als offiziellen vier ersten Reden wird der Gegen?
satz zwischen der rechtmäßigen Herrschaft, wie die des Trajan für Dio
ist, und der Tyrannis konsequent festgehalten. In zahlreichen Stellen
anderer Reden aber scheut sich Dio nicht, die Herrschaft überhaupt als
etwas Unglückliches für den Regenten wie für die Regierten zu be*
zeichnen und auf den Mangel an jeglicher Garantie des Imperiums him
zudeuten. Der Perserkönig, von Verrat umgeben und nur auf seine
Leibwache gestützt, wie ihn Diogenes in der sechsten Rede schildern
muß, ist doch nur der Kaiser. Auf einmal wechseln mit den Worten
TÖpavvog, ropavvig die Ausdrücke pbvapyog, povapyta ab; es wird in
düsterm Sinne geredet von der beständigen Furcht vor gewaltsamem
Tode in einem nicht zu berechnenden Moment, von dem Undank derer,
welchen man Wohltaten erwiesen, von der Unmöglichkeit der Flucht
aus dem weiten Reiche, vom Zorn der Freigesinnten und vom Trug
der Niedriggesinnten. Laut andern Stellen (73. Rede) kann es der
Monarch nicht vertragen, daß ein trefflicher Mann in seiner Nähe sei
und beim Volk Ansehen und Gunst genieße. Unsinnigen, ungerechten,
feigen Fürsten wird (62. Rede) damit gedroht, daß ihre Herrschaft nicht
lange zu dauern pflege. In der 21. Rede heißt es einmal: man erhebt den
Reichsten zum Kaiser, von dem man das meiste Geld erwartet. Eben*
dort wird über Nero mit Bitterkeit bemerkt: noch jetzt möchten alle,
daß er noch lebte. Anderswo (45. Rede) nennt er den Domitian den
stärksten und schwersten, der bei allen Hellenen und Barbaren Gebieter
(ds(T7tÖT7jg) und Gott hieß und eigentlich ein böser Dämon war.
Zum Schluß ist der Städtereden Dios zu gedenken, welche für
einige der betreffenden Orte zum Wichtigsten gehören, was über sie
aufgezeichnet ist. Absichtlich übergehe ich das ganze Verhältnis Dios
zu seiner Vaterstadt Prusa, obschon eine Reihe von Reden samt zwei
Briefen im zehnten Buche des Plinius davon Kunde geben, indem diese
Angelegenheit eine weitläufige Auseinandersetzung erfordern würde.
Für das städtische Leben überhaupt, besonders in Kleinasien, ist
zunächst die erste der drei Reden 7tepc dö^rjg, die 66. in der Reihenfolge,
von Werte. Sie bestätigt in hohem Grade, was man auch aus andern
Aufzeichnungen jener und der nächstfolgenden Zeit weiß: das Fortleben
einer mächtigen Ambition reicher Bürger, welche um bloßer Ehreris
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