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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 19.1922/​1923

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Doering, Oskar: Rudolf Schiestl
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https://doi.org/10.11588/diglit.55381#0017

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RUDOLF SCHIESTL, NÜRNBERG SCHÄFER
Lithographie, 1901. — Text 8. 8


RUDOLF SCHIESTL
Von DR. OSKAR DOERING
(Vgl. Abb. S. 1—20)

TD udolfSchiestl,derjüngsteBruderMatthäus
A Schiestls, im Alter um neun Jahre von ihm
verschieden, ist am 8. August 1878 zu Würz-
burg geboren. Der Vater war ein aus Tirol
eingewanderter Bildschnitzer, dessen hohe
Begabung und innerlicher Reichtum durch
seine Bescheidenheit wie durch die Sorgen
des täglichen Daseins verhindert worden sind,
sich verdientermaßen zur Geltung zu bringen.
Aber dennoch ist von dem Besten, daser bieten
konnte, nichts verloren gegangen. Ist er es
doch gewesen, der den Söhnen — es sind ihrer
drei, außer Matthäus und Rudolf noch Heinz,
der als Bildhauer in Würzburg lebt — die
ersten, für ihr ganzes Leben entscheidenden
Anregungen gegeben hat. Gewissenhaft, aber
fern von Engherzigkeit erzog er sie zur Aus-
übung seines eigenen Gewerkes und erweckte
ihre Teilnahme für alles Hohe, was die Kunst
umschließt und darbietet, dadurch, daß er sie,
recht wie die Meister der Vergangenheit es

mit ihrenLehrlingenundGehilfen getan haben,
nicht nur in die äußere Übung, sondern auch
in den Geist der Kunst einführte, in besinn-
lichen Gesprächen an seinen eigenen Gedan-
ken sie teilnehmen ließ. So betraten denn
alle drei Söhne die Laufbahn zur Bild-
schnitzerei.
Aber nur der mittlere, Heinz, ist bei ihr
verblieben. Die Trefflichkeit seiner Leistun-
gen hat die »Christliche Kunst« mehr denn
einmal gewürdigt und in Bildern Anschau-
ung davon gegeben. Auf den ältesten und
jüngsten aber fingen die großen Vorbilder
unserer alten, deutschenKunstbald in anderer
Richtung zu wirken an. Blieben die Würz-
burger Herrlichkeiten der Kunst Tilman
Riemenschneiders besonders für Heinz be-
stimmend und leitend, so erkoren die beiden
andern bald die zarte Herbigkeit Martin
Schongauers, die Mannhaftigkeit Albrecht
Dürers, die Klarheit und Frömmigkeit der

Die christliche Kunst. XIX. 1, 2. Oktober 1Ö22
 
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