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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Editor]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 19.1922/​1923

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Mader, Andreas Evaristus: Zur Erklärung einiger "Rätselfiguren" auf den Passionsbildern Dürers, Schongauers, Glockentons und anderer Meister
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Doering, Oskar: Der Tiroler Maler Friedrich Hell
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https://doi.org/10.11588/diglit.55381#0157

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DER TIROLER MALER FRIEDRICH HELL

129

von Dr. H. Dimmler1) und Wil-
helm S c h m i dt b o n n2) haben
mit richtigem Empfinden alle
die abstoßenden Züge der mittel-
alterlichen Spiele ausgemerzt.
Ihre dramatische Kraft aber
würde noch gesteigert werden,
wenn die Verteidigung Christi
durch die Geheilten mit hinein-
geflochten würde. Im Verein mit
den Engelchören, die im Dimm-
lerschen Spiele mit ehrfurchts-
vollem Schauer die Blutspuren
Christi verehren, würden drei
mächtig wirkende Kontraste er-
zielt werden: die höhnende und
mißhandelnde Verkommenheit
der Feinde, die verteidigende an-
betende Liebe der Freunde und
die leidende und sühnende Un-
schuld des Welterlösers.
DER TIROLER MALER
FRIEDRICH HELL
(Abb. S. 130 und 131)
A uf der Frühjahrsausstellung
* der Münchener Secession im
Jahre 1914 war es, wo der Tiroler
Friedrich Hell zum ersten Male
mit einer größeren Anzahl von
Gemälden vor der Öffentlichkeit
erschien und rückhaltlose Aner-
kennung seines Talentes erntete.
1 n den Leistungen dieses Mannes,


PAUL THALHEIMER XII. KREUZWEGSTATION
Aus einer Folge farbiger Holzschnitte

der in der Abgeschiedenheit des Zillertales ein
bis dahin nur wenigen bekanntes Künstler-
dasein führte, offenbart sich ein Streben
voll tiefen Ernstes, eine starke Komposi-
tionsgabe, Schwung der Phantasie und Kraft
des Könnens, Selbständigkeit in der Art, die
Natur anzuschauen wie sie darzustellen. Man
fühlte sich ergriffen von der Monumentali-
tät der Eindrücke, man spürte sich umweht
von der Herbigkeit der Bergluft, man nahm
teil an der Gewalt der oft schweren Stim-
mung, die diesen Bildern zum Entstehen
verholten hatte und in ihnen waltete. Von
Friedrich Hells Leben erfuhr man nur we-
niges, weil Ereignisse, die für die breite
Öffentlichkeit von Interesse sein könnten,

1) Das Passionsspiel nach dem Wortlaut der vier
Evangelien in acht Aufzügen in Szene gesetzt,
München 1920.
2) Die Passion, das Mysterienspiel der Brüder
Arnoul und Simon Greban. Aus dem Französischen
des Jahres 1452 frei übertragen, Berlin 1919.

darin fehlen. Er ist 1869 in Uderns im Zil-
lertale geboren. Vom Gymnasium zu Hall
ist der Kunstbegeisterte nach München ge-
gangen, hat dort bei W. von Diez, und,
was er als wertvoller für sich bezeichnet, bei
Ludwig Herterich studiert. Nach erledig-
tem Militärdienst hat er sich wieder in
Uderns niedergelassen und wohnt in diesem
Ort noch heute, zurückgezogen, fleißig,
schöpferisch, erfüllt von höchster Auffassung
von Wesen und Aufgabe der Kunst, der er
bei sich ein Heim bereitet hat, belebt von
seinen eigenen Werken, nachdem ihm die
Anregungen abgehen, die der Zusammen-
hang mit dem Leben der großen Kunstwelt
ihm bieten könnten, aber gerade durch diese
Abgeschiedenheit gefördert in der Selb-
ständigkeit seiner unbeirrten Auffassung, und
in der Möglichkeit geradliniger Entwicklung
seiner Eigenart. Er ist ein Romantiker der
Landschaft, des religiösen und märchenhaf-
ten Bildes, grübelnden Sinnes wie so viele

Die christliche Kunst. XIX. 9.
 
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