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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 19.1922/​1923

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Ein neues Werk von G. Busch
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https://doi.org/10.11588/diglit.55381#0182

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152

EIN NEUES WERK VON GEORG BUSCH

HANS MILLER KRIEGSERINNERUNGSLÜSTER
Kirche in Reinbeck (Holstein)


EIN NEUES WERK VON G. BUSCH

(Abb. S. 153)
Pin Kriegserinnerungsdenkmal in Gestalt einer
Pietä-Gruppe hat Professor G. Busch für den
Bamberger Dom geschaffen. Das Werk erhält sei-
nen Platz in der sogenannten Nagelkapelle und
zwar in der Mitte der dem Eingänge entgegen-
gesetzten Stirnwand des langgestreckten, zwei-
schiffigen Saales. Der Gedanke, ein derartiges Denk-
mal zu stiften, und in jenem, von tiefer, ernster
Stimmung erfüllten Raume aufzustellen, ging von
dem hochwürdigsten Weihbischofe Senger aus.
— Die Gruppe bildet die Bekrönung eines Altares,
dessen Unterbau und Mensa von dem Hauptkon-

servator, Professor Angermair, ent-
worfen wurden. Mit ihren einfachen
großen Linien und stillen Flächen, mit
der weithin wirkenden Kraft ihrer
Farbezieht die Altargruppe die Blicke
des Besuchers derKapelle schon beim
Eintritt auf sich; sie ist zum künst-
lerischen Mittelpunkte des Ganzen ge-
worden, auf den die Reihe der die
beiden Mittelschiffe trennenden Säu-
len hinstrebt, und an den sich die in
dem Raume befindlichen alten Kunst-
werke zwanglos anschließen. — Das
Werk ist 1,65 m lang und 1,26 m hoch,
aus Lindenholz geschnitzt und, wie
schon angedeutet, farbig behandelt.
Die Gruppe besteht aus vier Per-
sonen: dem toten Heilande, der auf
dem Schoße seiner Mutter ausge-
streckt liegt, während am Kopfende
St. Johannes, am Fußende St. Mag-
dalena den Körper stützen. Seine
Linie wird durch diese dreifache
Unterstützung horizontal. Nur das
Haupt weicht, fast rechtwinklig em-
porgebogen, von der Horizontalrich-
tung ab, wodurch Härte und Ein-
förmigkeit vermieden werden. Der
Oberkörper ist fast unbekleidet, der
Mittel- und Unterkörper sind in ein
Tuch gehüllt, das auch die Arme zum
Teil bedeckt. Diese liegen ausge-
streckt am Körper, die Hände neben-
einander. Die wichtigste Vertikale
ist durch die sitzende Gestalt der Mut-
ter gegeben. Doch ist auch bei ihr zu
große Strenge vermieden; mit sanfter
Drehung des Oberkörpers und ent-
schiedener Profilstellung des Haup-
tes nach rechts, wendet sich Maria
dem Antlitze des Sohnes zu, den sie
schmerzbewegt anblickt; die vor der
Brust gefalteten Hände bilden eine
feste und doch lebensvolle Masse,
für das Auge den Mittelpunkt der
Komposition. Diese wird nach bei-
den Seiten stark und volltönig abge-
schlossen und abgerundet durch die
beiden knienden Figuren. Johannes
neigt sich vor, um dem toten Meister
ins Gesicht schauen zu können. Die
Haltung seines Körpers ist durch das
Knien und die Kraftanstrengung der
den Leichnam stützenden Arme be-
stimmt. Bei Magdalena kommt zu
diesen beiden Momenten noch die über-
wältigende Wirkung des Schmerzes,
der ihren Körper zusammen-, das verhüllte Haupt
vornüber sinken läßt, so daß ihr Antlitz unsichtbar ist.
Von großer Schönheit und verinnerlichtem Aus-
drucke sind die Gesichter der drei andern Personen;
das edle, stille, vom Todeskampfe nicht entstellte des
Heilandes, das herbe, ernste des Jüngers, das trauer-
volle der Mutter. Die Köpfe der beiden Männer
sind von Lockenhaar umwallt, lange Locken fließen
von Magdalenas Haupt auf die Füße Christi nieder.
Ausdrucksvoll sind auch die Hände aller Personen.
Die Gewänder sind einfach, ruhig ihre Flächen
und wenigen großzügigen Falten. Die Färbung ist
auf einige starke Lokaltöne eingeschränkt, die in
kraftvolle Harmonie gebracht sind: blau ist das
Gewand Marias, rot das des Jüngers, violett ge-
 
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