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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 19.1922/​1923

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Endres, Joseph Anton: Die Erbauungszeit der "Alten Pfarre" St. Ulrich in Regensburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.55381#0040

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22

ERBAUUNGSZEIT DER KIRCHE ST. ULRICH IN REGENSBURG

DIE ERBAUUNGSZEIT DER
»ALTEN PFARRE« ST. ULRICH
IN REGENSBURG
Von Dr. J. A. ENDRES
I.
er Platz, den die St. Ulrichskirche ein-
nimmt, scheintgegenEndedeserstenJahr-
tausends noch nicht überbaut gewesen zu
sein. Das geht hervor aus einer Schenkungs-
urkunde Kaiser Ottos II. vom Jahre 976 an
den Erzbischof Friedrich von Salzburg, wo
die Lage des in der Folge erstehenden Salz-
burgerhofes er nahm den östlichen Teil
des jetzigen Postgebäudes und den freien
Platz davor ein folgendermaßen beschrie-
ben ist: »eine Hofstatt mit Zäunen und Ge-
bäuden umgeben in Regensburg an der Süd-
seite der Kirche des hl. Petrus zwischen dem
Hof des Grafen Berchtold und dem Wege, der
vor der Kirche gelegen ist« *). Die Lage des
Salzburgerhofs ist hiemit nach Osten und
Norden hin umschrieben: nach Osten grenzte
er an den jetzt noch stehenden alten Herzogs-
hof, nach Norden an die ebenfalls noch vor-
handene Domstraße, die ihrerseits als vor
dem Dome gelegen bezeichnet wird. Da aber
die Domkirche St. Peter sich ursprünglich
unmittelbar an den Domkreuzgang anschloß
und sich in der Breite nicht bis an die Dom-
straße her erstreckt haben kann, muß zwischen
dieser und der Kathedrale ein freier Platz an-
genommen werden, welcher einen Zugang
zur Kirche ermöglichte und wahrscheinlich
auch als Begräbnisstätte diente* 2).
Ob in der Folge jener Grund, vor der Er-
richtung der St. Ulrichskirche, baulich in An-
spruch genommen wurde, ist kaum mehr zu
bestimmen. Eine spätere Nachricht, die dies
zur Folge hätte, läßt sich leicht als gröblicher
Irrtum erweisen. Albrecht Ernst Graf von
Wartenberg erzählt nämlich, Papst Leo IX.
habe bei seiner Anwesenheit in Regensburg
im Jahre 1052 in Niedermünster die Leiber
der hll. Erhard und Albart und in St. Emmeram
jenen des hl. Wolfgang erhoben und diese Bi-
schöfe »in der damaligen Domkirche St. Re-
migii (heutzutage St. Ulrichs Pfarre) selig-
gesprochen«3).

T) Cortilis locus sepibus aedificiisque circum-
datus in Regenespurc ad australem plagam aeclesie
sancti Petri inter cortem Berchtoldi comitis et
viam que ante aeclesiam sita est. Mon. Boica 53 n. 5.
2) Vgl. den Lageplan, Jahrg. n (1915), S. 235
dieser Zeitschrift.
3) AlbrechtErnst Graf von Wartenberg,
Schatzkammer der hl. Jungfrau Maria aus Sion,

Graf Wartenberg scheint also anzunehmen,
daß die Ulrichskirche vorher Domkirche und
als solche dem hl. Remigius geweiht war. Er
legt sich so wohl eine Notiz zurecht, die sich
bei L. Hochwart, Andreas von Regensburg
und zuerst bei dem ehemaligen Pfarrer von
St. Ulrich in Regensburg, Konrad von
Megenberg, nachweisen läßt, die Domkirche
sei früher, ehe sie den Titel St. Peter führte,
dem hl. Remigius geweiht gewesen')• Diese
abenteuerliche Annahme und die darauf ge-
bauten Kombinationen sinken wesenlos in sich
zusammen schon vor dem einen Zeugnis der
Urkunde Ottos II. vom Jahre 976, wo der
Dom bereits als Pcterskirche genannt wird.
Er führt den Titel, solange er geschichtlich
nachweisbar ist, nämlich seit dem Jahre 778.
St. Ulrich wird erstmals urkundlich er-
wähnt im Jahre 1263 und zwar als durch den
Tod des bisherigen Inhabers der Dompfarrei
verwaiste Pfarrkirche2). Ihre Vorgängerin
als Pfarrkirche des Domes war die schon im
11 Jahrhundertgenanntc Baptismalkirche mit
dem Titel des hl. Johannes des Täufers. Sie
stand westlich quer vor dem alten Dome. Mit
dieser Kirche hatte Bischof Kuno I. 1127 das
jetzt noch bestehende Kollegiatstift St. Jo-
hann verbunden. Schuegraf spricht die Ver-
mutung aus, daß aus diesem Grunde die pfarr-
lichen Gottesdienste in den Dom verlegt wor-
den seien, weil die Pfarrer sich gewöhnlich
nach St. Peter benannt haben3). Letzterer
Grund ist aber deshalb nicht beweisend,
weil auch die Pfarrer von St. Ulrich rectores
maiores ecclesiae, tumpfarrer und dgl. hießen.
Eine gewisse Stütze fände diese Annahme,
wenn eine unter dem jetzigen Hochaltar des
Domes vorhandene Anlage vormals wirklich
als Baptisterium gedient hätte. Die größere
Wahrscheinlichkeit spricht aber dafür, daß
St. Johann die Pfarrkirche des Domes blieb,
bis sie durch St. Ulrich in dieser Eigenschaft
abgelöst wurde. Der genaue Zeitpunkt, wann
St. Ulrich zu bauen angefangen wurde, läßt
sich nicht mehr bestimmen. Wohl erlassen
Domkapitel und Bischof von Regensburg im

1674, S. 100, zitiert bei J. R. Schuegraf, Nach-
träge zur Geschichte des Domes von Regensburg,
Regensburg 1855, 230.
’) Vgl. meine Abhandlung »Zur Geschichte des
Domes in Regensburg«. Jahrg. 11 (1915) 236 dieser
Zeitschrift.
2) ecclesia parochiali S. Udalrici nuper vacante
per mortem pie recordationis Ulrici de Dornberk.
Urkunde des Bischofs Leo vomi2.Julii263,Th.Rie d,
Codex chronol. diplom. episcopatus Ratisbonensis I
n. 495-
3) J. R. Schuegraf, Geschichte des Domes von
Regensburg, Regensburg 1849, II 177.
 
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