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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 19.1922/​1923

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Hummel, M.: Die Wallfahrtskirche "Maria Brünnlein" bei Wemding a. Ries: Ein Beitrag zur Baugeschichte der Kirche mit besonderer Berücksichtigung ihrer beiden Meister Franz J. Roth und Joh. B. Zimmermann
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DIE WALLFAHRTSKIRCHE „MARIA
BRÜNNLEIN“ BEI WEMDING A. RIES
Ein Beitrag zur Baugeschichte der Kirche mit besonderer Berücksichtigung
ihrer beiden Meister FRANZ J. ROTH und JOH. B. ZIMMERMANN
Von Wallfahrtsgeistlichem M. HUMMEL, WEMDING
Mit Aufnahmen vom Verfasser

TWas hübsche nordschwäbische Städtchen
Wemdinga.Ries besitzt seit über 2oojah-
ren ein vielbesuchtes Heiligtum der Mutter
Gottes, das alljährlich das Ziel Tausender
von Wallfahrern, aber auch zahlreicher son-
stiger Fremden ist. Es ist die Wallfahrts-
kirche, genannt Maria Gnadenbronnen zum
Trost, eine Viertelstunde außer der Stadt an
der Straße Wemding-Üttingen gelegen. Nicht
allein reiche Schätze der Gnade birgt sie, son-
dern auch Perlen christlicher Kunst haben
uns in ihr ein Frz. J. Roth aus Ellingen und
namentlich Joh. B. Zimmermann aus München
aus der Zeit des Hochrokoko hinterlassen.
Sind auch die Zimmermann vor allem in
Schwaben und Bayern wohlbekannte Namen,
so dürfte doch in weiteren Kreisen der Hin-
weis auf die Wallfahrtskirche in Wemding
als ein fast unbekanntes Werk der Kunst Joh.
B. Zimmermanns erwünscht sein.
Die Wallfahrt als solche hat 1692 ihren
Anfang genommen. Sie knüpft sich an ein
von einem Rompilger namens Franz Forell
einige Jahre vorher nach Hause gebrachte
kleine Holzfigur Mariä mit dem Kinde. Bis
1748 stand das Bildnis an oben genanntem
Orte in einer kleinen Feldkapelle, wo es auf
Grund auffallender Gebetserhörungen, die
man in diesem Bilde Maria zuschrieb, in Ver-
bindung mit dem glaubensvollen Gebrauch
des Wassers der nahen Quelle, besonders seit
1746 so viel Fremde anzog, daß man an den
Bau einer neuen Kirche denken konnte. Der
Gedanke fand glückliche Verwirklichung so-
wohl was das Kirchengebäude als auch die
Innenausstattung betrifft.
I. Das Kirchengebäude.
Die Kirche ist im Barockstil erbaut. Bis
vor kurzem der Ausdruck für eine ungewöhn-
liche , unregelmäßige Kunst mit theatrali-
schen, innerlich hohlen Wirkungen, ist der
Name Barock in neuerer Zeit mehr und mehr
geachtet und geschätzt worden.

Er bezeichnet einen Stil, der für die kirch-
lichen Gebäude höhere, weitere Gesamträume
schuf, die nicht durch Säulenreihen zerteilt
undin ihrer großräumigen Wirkung behindert
mit einem einzigen Blick überschaubar und
möglichst günstig beleuchtet sind. An die
Stelle der dreischiffigen Anlagen der alten
Stile setzte man einen einzigen mit Tonnen-
gewölbe überspannten Raum. Dieses breite
Gewölbe, mit dem das ganze Langhaus über-
spannenden Deckengemälde sollte noch mehr
die Einheit des Ganzen hervorheben. Es lag
aber noch eine andere Absicht dem Bestreben
zugrunde, einen lichtvollen heiteren Kirchen-
raum zu schaffen. Man wollte in den Herzen
heitere »Stimmung« hervorrufen im Gegen-
satz zu dem drückenden und düsteren Innern
der alten Kirchen.
Diese Zwecke, die der Stil des 17. und
18.Jahrhunderts verfolgte undin der Michaels-
hofkirche in München und anderwärts in
Bayern und dem benachbarten Württemberg
(z.B. in der für die Wemdinger Wallfahrts-
kirche wichtigen Kirche auf dem Schönen-
berg bei Ellwangen) so glänzend verwirk-
lichte, erfüllt auch unsere Kirche.
Den Baumeister müssen wir in Ellingen,
dem Sitz des Deutschordenskomturs derBallei
Franken suchen. Dieser »Marienorden«, wie
er rühmend genannt wird, hatte zum Ries
mannigfache Beziehungen. Er besaß in Üttin-
gen, Nördlingen undReimlingen Häuser. Der
Weg Ellingen—Reimlingen führte die Or-
densbaumeister über Wemding, so auch den
Baudirektor Franz Jos. Roth aus Ellingen,
den Erbauer der Wemdinger Wallfahrts-
kirche. Michael Forster (Pfarrer in Pleinfeld
bei Ellingen), 1745 —1758 Stadtpfarrer in
Wemding und Bauherr unserer Kirche, emp-
fiehlt ihn dem Bischöfe in Eichstätt und
schreibt über ihn, »er habe in einer Krankheit
und nach erhaltener Gesundheit verlobt, wann
die Gnadenkapelle zu einer Wallfahrtskirche
erbaut werde, den Riß zur Kirche als dem

Die christliche Kunst. XIX. 9. Juni 1923

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