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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Editor]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 19.1922/​1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.55381#0271

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WETTBEWERB FÜR EIN KRIEGERDENKMAL IN OTTOBEUREN

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WETTBEWERB FÜR
EIN KRIEGERDENK-
MAL IN OTTOBEUREN
TAer durch seine herrliche, im
f Rokokostil erbaute Wall-
fahrtskirche und sein Benedik-
tinerkloster (den »Schwäbi-
schen Eskorial«)berühmtebaye-
risch-schwäbische Markt Otto-
beuren wird ein in christlichem
Charakter gehaltenes Krieger-
denkmal erhalten. Zur Er-
langung geeigneter Entwürfe
schrieb die Deutsche Gesell-
schaft für christliche Kunst
unter ihren Mitgliedern, so-
wie den in Ottobeuren gebore-
nen oder daselbst beheimateten
Künstlern einen Wettbewerb
aus; er kam Ende September
1922 zur Erledigung. — Das
Denkmal soll auf dem Markt-
platze so aufgestellt werden,
daß es mit diesem und der an
seinem westlichen Schmalende
mächtig über ihn emporragen-
den Kirche sich zu einem har-


HANS FAULHABER, WETTBEWERBSENTWURF FÜR EIN KRIEGERDENK-
MAL IN OTTOBEUREN. — I. Preis. — Text nebenan

monischen Bilde vereinigt. Es
blieb den Bewerbern freige-
stellt, das Denkmal nur der im
letzten Kriege oder zugleich
auch der 1870—71 Gefallenen zu machen. Im
letzteren Falle durfte das alte Kriegerdenkmal be-
seitigt werden; die daran befindlichen Namen
mußten auf das neue Denkmal übertragen werden.
Für die acht besten Arbeiten waren Preise aus-
gesetzt. Wie gewöhnlich war die Beteiligung an
dem Wettbewerbe anerkennenswert stattlich; es
wurden 40 Entwürfe eingereicht. Von ihnen wurde
einer zur Ausführung bestimmt, sieben erhielten
Geldpreise. Auch unter den nicht prämiierten
Arbeiten befanden sich mehrere recht beachtens-
werte. Erwähnt seien die Entwürfe »Heimatdank«
(ein Marienbrunnen), »Auf Kampf folgt Friede«,
»Ritter«, »GroßesSteinkreuz«. BedeutendesKönnen
und starkes Empfinden offenbarte sich in der Mehr-
zahl der Entwürfe. Verständnisvoll, zum Teil
originell behandelt war die Platzfrage. Auf Be-
seitigung des alten Denkmales war meist verzichtet
worden. — In der Art der Lösung herrschte eine
gewisse Gleichförmigkeit. Die künstlerischen Ein-
gebungen der Teilnehmer bewegten sich, was Form-
gebung und Figurenschmuck betraf, zumeist inner-
halb jener etwäs engen Grenzen, für die sich all-
mählich ein Herkommnn herauszubilden scheint.
Neuartige Lösungen waren vereinzelt. Eigentlich
heimatliche, bodenständige Motive fehlten. Gerade
diese wären in allen Fällen solcher Art von größter
Bedeutung, um den Ortsbevölkerungen ihreKrieger-
denkmäler auch über die Zeit hinaus interessant
zu erhalten und lieb zu machen, wo das Andenken
an die Gefallenen und die Teilnehmer für ihre
Personen noch lebendig sind. Der Künstler, der
seine Aufgabe auf solche Weise zu lösen unter-
nähme, würde seinem Werke damit erst einen
tieferen, recht innerlichen Wert verleihen. Voraus-
setzung wäre, daß er sich vorerst in die Geschichte
und das Wesen des betreffenden Ortes einlebte
und einfühlte. Ich sage dies als grundsätzliche
Meinung von mir. — Die tüchtigen, zum Teil sehr

bedeutenden Eigenschaften der sogleich zu nennen-
den und schon genannten Entwürfe sollen damit
nicht herabgesetzt werden.
Den ersten Preis, der die Ausführung des Ent-
wurfes bedeutet, erhielt Bildhauer Faulhaber,
München. Er stellte sein Denkmal rechts neben
die große Treppe, die vom Marktplatze zur
Kirche führt, indem er es aus der den Bergab-
hang abfangenden, an sich schon monumental wir-
kenden Futtermauer heraus- und über sie empor-
wachsen läßt. Das Denkmal rückt dadurch aus der
Längsachse des Marktes heraus, und es ergibt
sich aus Kirche, Denkmal und den als Kulissen
wirkenden altertümlichen Markthäusern ein Bild
von reizvoller Harmonie, in welches das Denkmal
in taktvoller, ästhetisch förderlicher Weise hinein-
komponiert ist. Der Sockel des Denkmals tritt
risalitartig, flach, nach oben etwas verjüngt, aus
der Quadermauer hervor. An ihm ist die Tafel für
die Namen der Gefallenen, sowie ein ausdrucksvoll
gezeichnetes Wappen angebracht. Die Oberkante
der Futtermauer ist mit einer schön gezeichneten
Balustrade besetzt. Die Ecken tragen Kugeln. Auf
den soeben beschriebenen Sockel setzt sich ein
zweiter, etwas schmälerer, von rechteckigem Grund-
risse. Dieser zweite, kleinere Sockel trägt eine
Gruppe des hl. Georg zu Rosse mit dem getöteten
Drachen. Die gut gegliederte Gruppe zeigt schöne
Geschlossenheit, ruhige große Linie, die, zumal
auch bei der Figur des Rosses Weichheit- und
Festigkeit miteinander verbindet. Der Ausdruck
des Reiters ist männlich und edel. Als Werkstoff
ist Muschelkalk beabsichtigt.
Den zweiten Preis erhielten die Münchner
Bildhauer Willi Erb und J. Sertl. Auf einer
breiten, flachen Stufe erhob sich eine Steinbank.
Aus ihr wuchs ein vierkantiger Steinwürfel em-
por, der die Namensinschriften trug. Ihn um-
lief oben ein breit ausladendes Gesims, das in die
 
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