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Denkmalpflege: Auszug aus d. stenograph. Berichten d. Tages für Denkmalpflege 1900 - 1912 — 1.1910

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IV. Kommunale Denkmalpflege
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Über die Möglichkeit der Erhaltung alter Städtebilder unter Berücksichtigung moderner Verkehrsanforderungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.29654#0443

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Erhaltung alter Städtebilder.

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schon als feststehend betrachten, daß bei solchen verhältnismäßig gewaltsamen
operativen Eingriffen das Lineal viel von seinem früheren verhängnisvollen
Einfluß eingebüßt hat und daß Durchbrüche von so rücksichtsloser Geradheit
wie derjenige der König-
Johann-Straße vom Alt-
markt zum Pirnaischen
Platz in Dresden (Abb. 9)
wohl zu den Seltenheiten
gehören. Nur mittlere
und kleine Städte lieben
es wohl noch heute, in
weitblickender Fürsorge
für den unausbleiblichen
Millionenverkehr sich
solche Schmarren in ihr
Antlitz schlagen zu
lassen. Ihnen ist noch
nicht bekannt geworden,
daß in dem großen Brau-
bachstraßen - Durchbruch
zur Entlastung der Zeil
in Frankfurt oder in dem
Durchbruch vom Markt-
platz zur Blumenstraße
in Darmstadt (Abb. 10),
insbesondere aber in dem
Bebauungsplan für die
Sanierung der Altstadt
in Stuttgart (Abb. 11)
mustergültige Beispiele
dafür geschaffen sind, wie
sich die Interessen des Verkehrs mit denjenigen der Denkmalpflege und der
Städteästhetik vereinen lassen und wie dabei auch wirtschaftliche Rück-
sichten nicht zu kurz kommen. Hier ist man nach Möglichkeit alten
Straßenzügen gefolgt, hat nicht alle Unregelmäßigkeiten ausgemerzt, hat
ruhig einen kleinen Umweg für den Verkehr in Kauf genommen und so
aber einerseits erreicht, daß ein großer Teil der alten Gebäude noch eine
lange Reihe von Jahren stehen bleiben kann, sich also die Umgestaltung
langsamer und damit wirtschaftlich günstiger vollzieht, andererseits die
Bildung neuer schöner Städtebilder verbreitet. Unsere Bilder geben dafür
gute Beispiele: das schöne alte Bürgerhaus »Unter der Mauer“ (Abb. 12)
bleibt von der Fluchtlinie unberührt und so erhalten, und die malerische
Wirkung der Baugruppen (Abb. 13 und 14) beruht nicht nur auf ihrer treff-
lichen Architektur, sondern nicht zum wenigsten auf der geschickten Flucht-
linienführung.

Einen besonders harten Kampf um ihre Erhaltung haben jene alten herr-
lichen Brücken zu kämpfen, die mit so manchem schönen Städtebild seit Jahr-
hunderten unzertrennlich verbunden sind, weil sich gegen sie aus demselben
Lager gleich zwei Feinde erheben: der Verkehr durch und über sie. Die

Abb. ii. Stuttgart, Bebauungsplan für die
Sanierung der Altstadt.

(Nach einer Veröffentlichung im »Neuen Tagblatt« zu Stuttgart.)
 
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