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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,2.1916

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Heft 10 (2. Februarheft 1916)
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Avenarius, Ferdinand: "Ein Gewaltstreich gegen das deutsche Wirtschaftsleben"
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https://doi.org/10.11588/diglit.14292#0154

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Zweitens: wir sehen im sogenannten „Nwuveautewesen", also im
(Lrzeugen von Neuheiten über das wirkliche Bedürfnis hinaus, ein zu be-
kämpfendes Abel. Es verdrängt das Gute von Gestern, auch wenn dieses
aus den Bedingungen der Aufgabe heraus noch vollkommen lebensfähig ist,
es wirkt der Vertiefung in die bescheidene Schönheit der Sache und damit
der Erziehung zum Geschmack entgegen, es fördert die Originalitätshascherei,
die Grimmassierung, das Streben nach Außerlichem, nach Lffekt, es bedeutet
wirtschaftlich ein Verschwenden von Gut und Kraft, während wir doch
jetzt und nach dem Krieg Gut und Kraft doppelt zusammenhalten sollten.
Doch ist es bei den meisten Käusern noch „hochbeliebt", weil man dabei immer
„modern" scheinen kann, und bei den meisten Händlern, weil das den Absatz
flott macht. Während die volkswirtschaftlich richtige Auffassung: weniger,
aber Gediegenes und also Leureres zu erzeugen, umzusetzen und zu
brauchen, von den meisten noch nicht verstanden wird.

Drittens: wir glauben, daß es nicht nur unser Recht, sondern sogar
unsere Pflicht ist, insofern „Ideelles mit Geschäftlichem zu verquicken", als
wir auch auf dem Markte das unsrer Aberzeugung nach Bessere zu unter-
stützen suchen. Deshalb begrüßen wir alles, was im geschäftlichen Betriebe
das einmal erreichte Gute vor den Wechsellaunen der Mode zu schützen hilft
und zum Bilden einer guten Aberlieferung beitragen kann. Die Dürerbund-
Werkbund-Genossenschaft stellt der gediegenen Ware bis zur schlichtesten
hinunter eine Förderung zur Seite, die durch kein Kapital und
durch kein geschäftliches Sonderinteresse käuflich ist. Sie
ist darin eine ausgeprägt antikapitalistische (Linrichtung.

Viertens: da die Dürerbund-Werkbund-Genossenschaft ihre Auslagen
wieder einbringen muß, ist s i e selbstverständlich zugleich ein kaufmännisches
Anternehmen, während Dürer- und Werkbund keine sind. Der Beitritt
zur Dürerbund-Werkbund-Genossenschaft stand aber allen Inhabern ge-
diegener kaufmännischer Geschäfte offen. Die Gründung wurde bei den
Tagungen und in den Fachblättern der Kaufmannsverbände lange vorher
erörtert, man wußte davon, und wer nicht beitrat, wollte nicht beitreten.
Trotzdem wird die Genossenschaft das Möglichste tun, um den tzerren, die
sich umbesonnen haben, noch nachträglich den (Lintritt zu erleichtern. Daß
sie keinem Mitgliedschaft und Stimmrecht gibt, der nur einträte, um ihre
Reformen zu hintertreiben, wird man ihr freilich erlauben müssen.

Fünftens: unser „Deutsches Warenbuch" hat alle Mängel eines ersten
Versuchs, der zudem großenteils in die Kriegszeit fiel. Der Wille zum
Bestnröglichen konnte natürlich nicht mit einem Schlag dieses Bestmögliche
erreichen. Das ist unmißverständlich im Warenbuche selber gesagt, die
Bünde wie die Genossenschaft wissen, daß es tatkräftig weiter zu arbei-
ten gilt. Wo die (Lntscheidungen der Prüfungsausschüsse strittig sind, spricht
ein Oberausschuß, in welchem diese Männer und Frauen mit ihrem Vamen
für Sachlichkeit und sittliche Sauberkeit der Entscheidungen bürgen: Dr. Fer-
dinand Avenarius für den Dürerbund, Professor Peter Behrens,
Architekt und künstlerischer Beirat der A. E. G., Berlin, Frau Margarete
von Brauchitsch, Malerin, München, Professor Dr. Dheodor Fischer,
Architekt, München, Professor Otto Gußmann von der Kgl. Kunst-

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