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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 13.1895

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Beck, Paul A.: Aus einem schwäbischen Reichsstifte im vorigen Jahrhundert, [7]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15914#0038

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der Theaterfreunde gewesen; des öfteren
klagt Nack über Vernachlässigung der Musik
unter seiner Regierung, über Aufnahme
von Novizen, die keine Musikanten seien;
und daß er einmal im Uebereifer einen
musiktreibenden Herrn einen Dudelsacks-
pfeifer genannt, will ihm lang nicht hin-
unter. So ganz muß aber der Abt Bene-
dikt die Musik doch nicht außer acht ge-
lassen haben; wenigstens konnten wir es
uns nicht erklären, wie der Prälaturdiener
am 9. Dezember 1776 dem Prior folgen-
des Dekret ans der Abtei zur Weiterbe->
fördernng übermittelt hätte: „Wenn der
?. Chorregent dem, wegen kaum einem
oder zwei Mitsingenden, ärgerlichen Predigt-
gesang zur heiligen Adventszeit nicht im
stände ist, abhelfliche Maß zu verschaffe»,
daß wenigstens alle Studenten, Soldaten
und ledige, auch viele der verheirateten
Pfarrkinder hiesiger Pfarrei mitsingen, so
soll er das gewöhnliche heilige Geistlied
gleichwohl wie jeder simple Banernschnl-
meister das ganze Jahr hindurch fort singen
lassen. Wir müssen gleichwohl Geduld
haben, bis etwa ein ander vorsichtiger und
des anferbaulichen GotteSdiensts beflissener
Chorregent kann anfgestellt werden."
Gern beteiligten sich die Patres bei den
Freischießen in der Schießstadt zu NereS-
heim; älteste Schütze:,rechnnng von 1603;
Schützenordnnng 1711 von Wallerstein
genehmigt.
„Dieweil aller Menschen Thun und
Lassen nit länger oder stättlicher im Wesen
ist, dann so lang gute Ordnung gehalten
wird und dann und wann ehrliche Hebungen
und Kurzweil zu Schimpf und Ernst, auch
zur Verhütung des Mißiggangs die Kunst
und Hebung des Schießens schier von der
Welt Anfang in Gebrauch gewesen. Da-
durch auch jung und alt lustig gemacht
wird, wird diese Ordnung bestätigt" >—
wobei alle erdenklichen Fälle vorgesehen,
eine Ordnung so subtil, daß der Weg
ums Gesetz herum von minimaler Fläche.
Die Stadt gab zu Ehren ?. Nacks ein
Freischießen 1786, anläßlich der Normal-
schulprüfung. Sie war nach dem Bericht
des Oberamtmann Halbedel mit so viel
Vergnügen der Anwesenden abgehalten wor-
den, daß die meisten Frendenthränen ver-
gossen. Halbedel berichtet die Beehrung
der Stadt nach Wallerftein, deutet dem i

Fürsten an, ein Kugelstutzen für Nack als
Geschenk wäre angezeigt, ermangelt aber
nicht beizufügen, bei diesem Freischießen
habe sich Kamerad Schweigländer sehr
eklig gegen ihn benommen, ohne Grund,
nur auf Veranlassung seiner stolzen Frau
hin. Nack erhielt seinen Kugelstutzen;
Schweigländer und Haldedel waren nicht
so eitel, ihre Auszeichnung bei jeder Ge-
legenheit zur Schau zu tragen, daher ist
sie auch der Nachwelt unbekannt ge-
bliebenF
Auf die Skizze, welche wir vom „G'spiel"
entworfen, lassen wir nun, indem wir auf
die Nachtseite der menschlichen Gesellschaft
zu sprechen kommen, ein dunkles Bild
folge». Mit der Behaglichkeit, mit der
man damals lebte, und mit der Heiterkeit,
mit der man ins menschliche Leben und
Treiben hineinsah, stand das zu jener Zeit
in höchster Blüte stehende, bis nach den
napoleonischen Kriegen anhaltende Spitz-
bubenwesen im schneidendsten Kontraste.
Schon seit einigen Jahrhunderten hätte das
Gesindel Oberschwaben zu einem seiner
Lieblingsaufenthalte gemacht, was wohl
von der Wohlhabenheit, der dünneren Be-
völkerung, dem Einödsystem dieses Land-
striches, der Leichtigkeit, denselben zu durch-
streifen, herkam. Weitere Ursachen sind
in den mannigfachen Schlupfwinkeln —
wer in Oberschwaben kennt nicht alle die
Spitzbnbenhäuschen — das Stunden
von Biberach bei Nnpertshofen gelegene
Vogelhäusle, das Dullenhäüsle, das auf
dem „Hochgeländ" jener kleinen Ober-
fläche zwischen dem Riß- und Umlachthal
gelegene Benzenhäusle, das Gaisenhaus,
das am Eingang des MochenwanAr Waldes
gelegene Rankenhans, das ungefähr eine
Stunde von diesem zwischen den jetzigen
Eisenbahnstationen Dnrlesbach und Mochen-
wangen in einer Einöde, und wenn man
das Schnssenthal abwärts fährt zur linken
Seite auf einer sanften Erhöhung gelegene
Storchen- oder Storkenhäusle?! — ins-
besondere in den vielen größeren und
kleineren Wäldern, in der zunehmenden
Irreligiosität, in der damaligen bunten
und mannigfachen Zerstückelung Ober-
schwabens in so viele einzelne, teils kaiser-
liche, teils geistliche, teils reichöstädlische
Gebiete und Herrschaften, in der Leichtig-
l keit, von einem Gebiete in das andere
 
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