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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 13.1895

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Schröder, Alfred: Dionysius von Rehlingen, Reichsprälat von Wettenhausen 1658 - 1692, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15914#0075

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gesetzt gewesen. Der Schaden, welchen
das Stift während der Kricgsjahre erlitt,
wurde auf 180 000 fl. geschätzt. In der
gesamten Herrschaft des Klosters, welche
sich damals über 17 Dörfer und Flecken
erstreckte, waren im Jahre 1641 noch 55
Nnterthanen vorhanden, während man vor
dem Kriege deren 800 gezählt hatte: so
furchtbar hatte der mörderische Krieg in
Verbindung mit Hungersnot und Pest unter
der Landbevölkerung aufgeräumt. Prälat
Erhard Spegele hatte sein Kloster mit
jener Umsicht, welche der Ernst der Zeit
nötig machte, und mit soviel Geschick, als
eö die Schwierigkeit der Umstände nur
immer erlaubte, durch die Drangsale der
Jahre 1632—52 hindurchgeführt. Der
Prälatenstab war ihm schwer geworden
unter den unablässigen Sorgen und Auf-
regungen und er legte ihn am 30. April
1652 aus den zitternden Händen, um ihn
mit dem leichteren Hirtenstab der Pfarr-
gemeinde von Jchenhausen zu vertauschen.
An seine Stelle trat als Propst Gottfried
Nether, der in den sechs Jahren seiner
Negierung nicht soviel zu ersparen ver-
mochte, daß er sich hätte die Prälatenwcihe
geben lassen können, deren Taxen sich aus
etwa 300 sl. beliefen. Da er weder in
der Verwaltung noch durch geistlichen
Wandel sich auszeichnete, im Gegenteil
nach beiden Richtungen hin sich entschieden
Mißvcrdienste sammelte, so wurde ihm von
der bischöflichen Kurie zu Augsburg im
Jahre 1658 die Resignation uahegelegt,
zu deren Annahme er sich auch verstand.
So schwebte das Kloster immer noch
am Rand des Untergangs, als man am
23. Juli 1658 zur Neuwahl schritt. Als
Ort der Wahl wurde das Kloster hl. Kreuz
in Augsburg ansersehen; man hoffte, hier
mehr Ruhe zu haben zu so ernstem Akte
als in dem gänzlich verarmten und von
den Gläubigern bedrängten Wettcnhausen.
Fünf Konventualen von Wettenhausen
waren zur Wahl erschienen, mehr zählte
damals das Kloster nicht, während es
vordem die dreifache Zahl besessen, und
diese fünf waren alle der Ueberzeugung,
daß mit einer Wahl ans ihrer Mitte wegen
ihres hohen Alters oder ihrer Kränklich-
keit für daS Wohl des Klosters schlecht
gesorgt sei; sie waren daher entschlossen,
aus einem andern Kloster ihres Ordens

einen Vorsteher sich zu bestellen. Dionysius
von Rehlingen, Dekan des Klosters zum
Hl. Kreuz, war es, auf dessen Person sich
sämtliche Stimmen der Konventualen von
Wettenhauscn schon bei der ersten Stim-
menabgabe vereinigten. Sofort bestätigte
Weihbischos und Generalvikar Kaspar
Zeiler, welcher den Akt geleitet hatte, den
Dekan in seiner neuen Würde und in-
vestierte ihn durch Uebergabe des Ringes.
Am 4. August 1658 ward er in der Kirche
zum Hl. Kreuz unter großer Feierlichkeit
zum Prälaten geweiht und mit Insul und
Stab geschmückt. Zwei Tage später be-
trat der Propst zum ersteiffnale die traurig
verödeten Klosterräumc, die jetzt mit ihren
Bewohnern seiner Sorge anvertrant waren.
Prälat Dionysius von Rehlingen hatte
zu seinem Wahlspruch erkoren: Virtute,
pietate, ernckitione, cloctrinu; durch
Thatkrast also und durch Frömmigkeit,
gepaart mit Wissenschaft und Gelehrsam-
keit, hoffte er die ihm gewordene Aufgabe
zu lösen. Und mit solcher Charakterfestig-
keit ist er diesem Wahlspruch treu geblieben,
daß sein Wirken in Wettenhausen that-
sächlich die Verkörperung desselben dar-
stellt. Wir können darum seine amtliche
Thätigkeit als Prälat des Neichsstistes
Wettenhausen unter Zugrundelegung seines
Wahlspruches betrachten. Mit Thatkrast
nahm er sich des dem Verfalle nahe stehenden
Gotteshauses an und erbaute nicht bloß
dje zerfallenen Mauern wieder, sondern führte
auch seine Klvstergemeinde zu neuem Geistes-
leben empor. Durch Frömmigkeit ging erden
Untergebenen als leuchtendes Muster voran
und schuf durch die Würde und den Glanz,
womit er den Gottesdienst umgab, die
Klosterkirche zu einem Sammelpunkte für
die Gläubigen von nah und ferne um.
Durch reges wissenschaftliches Streben,
das er selbst bethätigte und in andern
anregte, rief er Werke ins Leben, welche
gleich seinen Bauten seinem Ruhm irdische
Dauer verliehen haben.
Es war gleichsam ein Wagnis, die Lei-
tung eines Klosters zu übernehmen, wie
eS Wettenhansen damals war. Nicht bloß
waren die Gebäulichkeiten infolge der
wiederholten schwedischen Ueberfälle und
der nun schon 30 Jahre währenden Mit-
tellosigkeit deö Klosters in arge» Zustand
geraten, sondern cs stellte sich auch in
 
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