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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 13.1895

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Paulus, R.: Reinhard Lutz, ein württembergischer Schriftsteller des 16. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.15914#0091

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8-

tei». Nirgends polemisiert er gegen die
lutherische Neuerung, vbschon die benach-
barten protestantischen Prediger von Bal-
denheiin und Müttersholz, die in Schkett-
stadt Propaganda zu machen suchten, ihm
nicht wenig Sorgen bereiteten.
Noch größere Sorgen verursachten dem
Schleitstadter Seelenhirtcn die Anhänger
der Steinbach'schen Sekte.
Martin Stei n bach, ein Straßbur-
ger Küster, der sich für den hl. Geist,
den neuen Heiland und Richter der Welt
ansgab, hatte einige Zeit sein Unwesen
in Straßbnrg getrieben und war deshalb
anS der Stadt auSgewiesen worden. Vgl.
T. W. Nöhrich, Geschichte der Refor-
mation im Elsaß III, 139 s. Bald nach-
her starb er in Mackenheini, einem Dorfe
in der Nähe von Schletlstadt, doch gab
eS immer noch manche Leute, die von der
göttlichen Sendung des wunderlichen
„Schwarmgeistes" überzeugt blieben. Be-
sonders in Schletlstadt, wo SteinbachS
Tochtermann Hans Weiß lebte, fand
die neue Sekte ziemlich viele Anhänger.
Lutz suchte zuerst auf der Kanzel der
Schwärmerei entgegenzntreten. Vergebliche
Mühe! Die Sektierer fuhren fort, heim-
liche Konventikel zu halten, in denen, wie
sie behaupteten, Steinbach in der Gestalt
eines wunderbaren Lichtes seinen Gläubi-
gen zu erscheinen Pflegte. Schließlich
glaubte der Stadtrat, der Unordnung steu-
ern zu sollen; er ließ eine ganze Anzahl
Männer und Frauen gefänglich einzichen.
Dieselben wurden in Gegenwart., der bi-
schöflichen Abgeordneten einem mehrfachen
Vcrbör unterzogen; .jene, die ihre Jrr-
tümer widerriefen, wurden in Freiheit ge-
setzt, die Hartnäckigen dagegen, 5 Männer
und 9 Frauen, mußten die Stadt verlassen.
Ta die Ausgewicsenen den Rat „bei män-
niglich der Unbilligkeit beschuldigten, als
wären sie um des Evangelii wegen ver-
trieben worden," so hielt es der Pfarrer
für ratsam, einen „kurzen Begriff" zn ver-
öffentliche», „damit männiglich bekannt und
offenbar werde, was schädlicher giftiger
Irrtum daS sei »nd wie christlich,. löblich
und wohl gehandelt die von Gott geord-
nete Obrigkeit, demnach sie auf daS viel-
fältig Ermahnen diese Personen verschickt
und solche räudige Schaaf anS ihrem lieben
bnrgerischen Stall ausgetrieben und ver-

jagt." Hier eine nähere Beschreibung
dieses „Begriffs":
Verzaichnnß und kurtzer Begriff der
Kätzerischen und verdampten Lehr Martin
SteinbachS, des verfluchten Gotslesterners,
und was seine Zuhörer und Jünger, die
sich nennen Liechtseher und Erleuchte, glau-
ben und halten: auch wie mit und gegen
ihnen gehandelt. Gestellet durch Rcnhar-
dnm Lutz Hr^tlrropolitnnum. Straßbnrg,
Christian Müller 1566. Titelblatt und
19 S. 4°. Auf der Rückseite des Titel-
blattes die Namen der 14 Ansgewiesenen;
dann eine Widmung von Lutz, 20. Februar
1566, an den Kanzler dcS Straßburger
Bischofs, Dr. Christophor Welsinger, der
dem Verhöre beigewohnt hatte; zudem ein
Schreiben deS Schleitstadter Rats, l.März
1566, an Karl Acker, Bürger und „Bnch-
führer" in Straßbnrg, mit der Bitte, die
„Handlung" drucken zu lassen, „wie die-
selbig der würdig und wohlgelehrt Herr
Meister Reinhard Lutz, unser Pfarrherr,
weil er vom Anfang bis zum End dabei
gewesen, beschrieben."
Bei derselben Gelegenheit veröffentlichte
der Straßburger protestantische Prediger
Nägclin, in dessen Pfarrei Steinbach
früher sein Unwesen getrieben, folgende
Schrift: Ein Knrtze und einseitige, aber
warhasftige und in GotteS Wort gegründte
Anlcytnng, zn begegnen dem Tensfetischen
und vermaledeiten Irrtum der Helijschen,
Steinbachischen oder Küfferischen Seelen:
gestellet für die einfeltigen Christen, durch
Mattheum Nägelin, Pfarrherr zu S. Wil-
helm zn Straßbnrg. Straßbnrg 1566.
Nägelin schreibt unter anderen:: „Daß
der verzweifelt Mensch mit Namen Martin
Steinbach, seines Handwerks ein Küster,
welcher ein sündlicher sterblicher Mensch
gewesen, gleichwie andere Menschen auf
Erden, sich zur Zeit seines Lebens für
den hl. Geist ausgegeben, das ist nicht
allein eine öffentliche, greifliche, ja teuf-
lische Lüge, sondern auch eine solche schänd-
liche und gotteslästerliche Ketzerei, der-
gleichen nach den: Fall der Engel nicht
wohl c-rhvrt und aufgebracht worden, und
ist hoch zn verwundern, daß die Leute
also toll und thöricht sind, daß sie solch
schändlichem Irrtum Beifall thnn und
Glauben geben."
Durch einen andern Aufsehen erregenden
 
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