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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 13.1895

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Mone, Fridegar: Kritik der Wappen der Minnesinger aus Schwaben, [22]: ein Beitrag zur Geschichte der christlichen Mystik in Schwaben und Alamannien
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https://doi.org/10.11588/diglit.15914#0130

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und gefärbte» Schilde eine Rebe um eine»
Stab gewunden oder geschlungen zeigt.
Diese heraldische Figur des Tannhäuser-
schen Schildes in der Weingartner Lieder-
handschrift ist aber keine Rebe, sondern
der Stab Aarons, der wieder grünte. Eö
ist also eine allegorische Wappenfigur, die
sinnbildlich sein Schwanken zwischen Him-
mel und Hölle und seine Wiederkehr zur
sittlichen Auferstehung aus dem moralischen
Tode darstellcn soll. Charakteristisch ist
ferner die Helmzier am Tannhäuserschen
Wappen im Mauesse - Codex. Die zwei
Ochsenhörner sind mit den Fledermaus-
flügeln verwachsen, wie solche den Teufeln
eigen sind. In dem Abschnitte 12 dieser
Aufsätze ist die Form dieser Ziemer er-
klärt. Die Beschreibung und Erklärung der
beiden Felder des Tannhäuserschen Wappens
wird schon auf einer Inschrift in Schwarzach
am Rhein ans dem 13. Jahrhundert an-
gedentet. Der heilige Apostel Petrus
wiid dort janitor (Schlüsselbewahrer)
ambo polorum (der Erde und des Him-
mels) genannt. In der Malerei hat man
diese beiden Pole mit Schwarz und Gold
bezeichnet.
Bevor von der poetischen Figur des
Tanhnsers gesprochen wird, müssen wir
auf den merkwürdigen Umstand aufmerk-
sam machen, daß im Manesse-Codex un-
mittelbar nach dem Höllenfahrer Tanhuser
sein direkter Gegensatz, die Verzückung in
den Himmel, folgt, nämlich der Sänger
„von Bucheim", dessen Wappen in rotem
Felde das offene, „aufgeschlagene" Buch
deS Lebens mit den Worten zeigt: Mnne
sinne trvinAet, strecke cpuale bringet, und
dessen Helm der Hahn, das Symbol der
Wachsamkeit und Nene, zieret.
Daß der Name Tannhäuser pseudonym
ist, versteht sieb von selbst, denn die Irr-
fahrten und die Sündenschnld, die jener
Sänger, Bacchant und Vagant auf sich
geladen hatte, waren in damaliger Zeit
derart belastend, daß ein solcher Aben-
teurer unmöglich unter seinem Tauf- und
Geschlechtsnamen in der Litteratnr öffent-
lich auftrcten durfte. Waö der pseudonyme
Dichter von seinem Helden sagt, kann
alles wahr sein, d. h. vom Dichter selbst
Erlebtes enthalte». Aber das Ganze ist
eine Allegorie oder ein Gleichnis, das
durchaus nicht vereinzelt in der Litteratnr

dasteht. Tannhänser soll eine Kreuzfahrt
ins gelobte Land 1228 gemacht haben.
Er sagt von sich, daß er kein Schapel
(Kränzlein) von Rosen trage. Das kann
heißen, daß er als ehrenwerter Dichter
nicht geachtet werde oder kein sittenreincr
Mann sei. Der Ausdruck Schabel kommt
ber von discapillum, Schmuck, der in das
Haupthaar geflochten ist.
Wenn man auch im allgemeinen sich
eine Vorstellung von dem Abenteurer
machen kann, welcher unter dein Name»
Tanhuser auch in der Poesie sich versuchte,
so ist es doch sehr schwer, eine historisch
greifbare und urkundlich beglaubigte Per-
sönlichkeit und eine geographisch nachweis-
bare Heimat derselben anfznfindcn. Siehe
A. Oehlke, Zu Tanhnsers Leben und
Dichten, 1890. Angenommen der be-
zügliche Dichter habe wirklich von Tann-
hausen geheißen, so ist es doch mindestens
auffallend, daß er anstatt seines Familien-
wappens ein symbolisches Phantasicwappen
sich gewählt haben soll. Am wahrschein-
lichsten ratet man auf die Familie der
Tanne (Stälin, Würltemb. Geschichte 2.
613); welche NeichSdienstmannen und
Inhaber von Hofämtern, wie Truchseße
und Schenken bei den Welfen und Hohen-
staufen gewesen sind. Nachkommen der
Familie Alt-Thann bei Waldsee existierten
noch im 18. Jahrhundert in Oesterreich,
hatten aber nicht mehr das alte Tannesche
Wappen, sondern ein anderes. In den
Jahren 1 178 — 1197 komme» Mitglieder
dieser Familie unter den Namen de Tanne,
Tiranas, Tanna, pincerna de Tanne,
dapiker de T. und ähnliche» Formen vor.
Daß von dieser Familie die Dörfer Alt-
Tann , Tannhansen und Tannweiler an
der Steinach den Namen erhielten, ist
nicht unwahrscheinlich. Es sind vornehm-
lich zwei Mitglieder dieser Familie von
Tanne, welche bei der Frage nach dem
historischen Tanhuser in Betracht kommen.
Erstlich der protoirotarius reZalis aulae,
auch inrperialis protonotarius genannte
Ileinricus de Tanna, der 1217—1230
als Dvmpropst von Augsburg und Kon-
stanz vorkommt. Ferner dessen leiblicher
Bruder LereZrinus (Bilgrin), Domherr zu
Konstanz (Stälin a. O 2. S. 619).
Es ist schwer festzustellen, auö welchen
Gründen die Volkspocsie und der Aber-
 
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