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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 13.1895

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Beck, Paul A.: Aus einem schwäbischen Reichsstifte im vorigen Jahrhundert, [8]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15914#0147

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augenblicklich tot niedergeschossen. Ersagte
Spitzbuben und Mörder waren noch so
frech, daß sie morgens darauf bei schon
vollem Lärmen im hiesigen „unteren Wirts-
haus" (zum Ochsen) eingekehrt und ge-
zecht; als sie aber vermerkt, daß sie in
suZpicione dieses Mordes seien, flohen sie
ans und davon. Unsere Schützen ver-
folgten dieselben bis gen Mittel-Biberach;
inan schoß sogar — ei! ei! — gegen ein-
ander , aber ohne Schaden und ohne daß
man -— glaublich! — einen Schelm er-
wischt. Einer davon, der „Pfälzer Jörgle"
genannt, wurde endlich in Biberach ertappt
»nd gerädert, welcher den arme» Rueßen er-
schossen haben soll; ein anderer davon wurde
hernach in Anlendorf eingefangen und ge-
henkt. Gesagter Nneß war von Hofen
(bei Stafflange») gebürtig, hatte einen
Bruder Joseph, welcher im Jahre 1721
zu Schnssenried ins Noviziat getreten, aber
wiederum dimittiert worden. — Den
14. März vorher hatte man den Mathias
Schneider von Bingen (?) — einen jungen
starken Mann —, welcher im unteren
Wirtshanse in ün^rnnki ertappt wurde und
bei welchem man viele Diebsschlüssel fand,
zu S eh nssenried jnstificiert; er ging wohl
disponiert hinüber. — Zugleich?» wurden
den 11. Oktober zu Hofen durch Lift des
dortigen Nueßcnbanern zwei Diebe, der
sog. „Schlucker Jäckel" und Joh. Thnnnn,
letzterer ein Jnvenet von 22 Jahren,
wunderschön von Person, ertappt und ein-
gezogen. Beide wurden dann zu Sch nsse n-
ried — Thnnnn den 24. Januar 1738,
der andere wegen nicht weniger als 330
unterschiedlicher Diebstähle den 27. Februar
— durch den Strang hingerichtet. „Mit-
hin hingen simul et semel vier arme
Sünder an unserem Galgen (woher die
zwei anderen kommen, ist nicht gesagt —
vielleicht Komplize» der beiden genannten V
oder — waren eS früher Gehenkte, welche
mau häufig gar nicht abnahm, sondern zum
abschreckenden Exempcl hängen und bis zur
Verwesung in der freien Luft vom Wind
schaukeln ließ), welche alle vier von unserem
Scharfrichter EraSmo Bnrkhardt, einem
»och jungen, aber riescnmäßigen und ge-
schickten Künstler, hingcrichtet, auch alle
vier von unserem ?. Rudolph Ban-
mann und ?. Berengar Herzog „ansge-
führt" wurden. Letztcrhenktcr Schlnckcr-

jackel war wohl disponiert und ging so
unerschrocken dem Galgen zu, als ob man ihn
zu einer Gasterei ins Wirtshaus führte;
nachdem man ihm das Leben abgesprochen,
trank er einen heidenmäßigen Rausch, wie
er denn im stände war, 15 Maß Bier ans
einen Sitz zu schlucken, dahero er dann
auch von denen Gaunern seinen Spitz-
namen bekommen. Bei Verlesung des Ur-
teils, wie überhaupt auf seiner ganzen
Galgenreise trieb er mit den Henkern gleich-
sam nur „G'späß", bettelte von den Um-
stehenden heilige Messen, deren er auch
viele zugesagt erhielt, trank ein Glas ums
andere, obwohl man ihm nicht nach Ver-
langen gegeben, stieg darauf herzhaft die
Leiter hinan, betrachtete im Hinanfgehen
seinen Kameraden Thnnnn lange ganz ernst-
haft, und da ihm der Strick um den Hals
gelegt wurde, schrie er überlaut: Gelobt
sei JesnS Christus! und fuhr, wie es
scheint im Rausche dahin. Er war bei
40 Jahre alt, ein baumstarker, dicker Mann
und halber Riese und soll vorher» un-
weit Oettingen ein AmtSknecht gewesen sein.
— Thnnnn starb ebenfalls wohl disponiert,
aber ex cetera, wie er dem Beichtvater
gestanden, nit gern, war auch stilltranrig
und hatte keine Freude an dem G'späß.
— Den 23. März 1738 wurden zu
Buchau vier junge Knaben puncto so-
cioniine et bestinlitnris eingelegt und den
8. Mai ebendaselbst als Sodomiten und
bestinles durch das Schwert hingcrichtet;
einer davon war eines Schusters Sohn,
bei 18 oder 19 Jahre alt; zwei andere
leibliche Brüder mit 14 und 15 Jahren,
gehörten einem Boten daselbst, und der
vierte letzte, welcher bei 17 oder schon
17 Jahre all, die anderen verführt habe»
soll, dem Bürgermeister Michael Kolb.
Letzterer wurde daher decapiticrt und mit
zwei Kühen verbrannt, wogegen die übrige»
drei nach abgeschlagenem Haupt mit einem
Stück Vieh in eine Grube verscharrt wur-
den. Alle vier Jünglinge wurden von
den Stiflsdamen schneeweiß zur Nichtstatt
auogekleidet, starben auch sämtlich wohl
disponiert. Bei der schauerlichen Exekution
sprang der jüngere von den zwei „Brü-
derlen", als er schon mit verbundenen
Augen auf dein Stuhl saß und den Todcs-
streich empfangen sollte, plötzlich mit der
flehentlichen Bitte wiederum vom Stuhle
 
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