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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 13.1895

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Beck, Paul A.: Aus einem schwäbischen Reichsstifte im vorigen Jahrhundert, [8]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15914#0148

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auf, mail möchte ihn doch noch einmal
gucken lassen, lieber den HinrichtnngSakt
hatte man znr Verhütung von unliebsamen,
ausregenden Auftritten die beklagens-
werte» Eltern der unglücklichen Jüng-
linge nach Schnssenried inö Kloster fort-
geschafft, um allda getröstet zu werden,
welchem Liebesdienst sich auch verschiedene
Patres mit allen Mitteln und Kräften
unterzogen; auch hat sie der Prälat im
„oberen Wirtshaus" mit Essen und Trinken
wohl traktieren lassen."
Wohl an keinem andere» Falle, wie an
dem vorliegenden, kann man de» gewaltigen
Unterschied zwischen der damaligen und
noch vor nicht 100 Jahren zu Kraft bestehen-
den, oft grausamen und der heutigen hu-
manen Strafrechtspflege so deutlich wahr-
nehmen: Jünglingen, welche noch nicht
einmal die volle Strafmündigkeit erreicht,
wird das Haupt abgeschlagen wegen eines
Vergehens wider die Sittlichkeit, für wel-
ches sie heutzutage eine Gefängnisstrafe
von höchstens einigen Monaten zu ge-
wärtigen hätten! Die Karolina hatte eben
bei diesem Delikte in der Strafbemessung
noch ganz die mosaische Anschauung recipiert.
Nach und nach bildete sich aber doch
eine mildere Praxis bei Sühnung dieses
früher unter dem oberschwäbischen Land-
volk nicht so seltenen sittlichen Verbrechens;
so wurden im Jahre 1761 zu Marchthal
Hirtenbnben ergriffen, welche deswegen
und wegen Gotteslästerung geköpft wor-
den wären, wenn sie nicht zu jung gewesen
wären. Sie wurden wiederholt mit Nuten
gezüchtigt und in das Zuchthaus nach
Ravensburg abgeführt. Ein allgemeiner
Erlast gegen dieses Laster erging, wurde
von den Kanzeln verlesen und sollte auch
von den OrtSvorstehern von Zeit zu Zeit
verkündigt werden. Auch wurde die An-
ordnung getroffen, daß künftig nicht mehr
ein Knabe und ein Mädchenmiteinander
Schweine oder Gänse hüten sollten.
„ES wurde diese Bosheit ersagtcr Kna-
ben aus Schickung GotteS gar wunderlich
verraten. ES war nämlich ein Jahr vor-
hero zu Buchau ein junger HandwerkS-
bnrsch und complex criminis clicti; die er
kam in die Fremde, wurde im Verlause
Soldat, riß aber wieder ans, wurde er-
tappt und nck keinem condemniert. Wäh-
rend seines Arrestes bekannte dieser ein-

fältige Tropf, das; er auch soäomias ob
dwZtmlitates begangen; als ihm nun die
Größe dieses abscheulichen Lasters expli-
ciert worden, erwiderte er, daß er solches
nicht gewußt, zu Buchau am Federsec wäre
eS nichts Neues, die jungen Buben allda
prakticieren dergleichen öffentlich, worunter
die vier obspecificicrten seien, worauf dann
dieser statt deö HenkenS dccapitiert und
verbrannt, dessen Aussage aber nach Bnchan
überschrieben, sofort dann in der Sach,
wie obsteht, fortgefahren und exekutiert
worden."
„Den 20. April 1739 ist des Fritzen-
schafen Magd zu Reichend ach, einem
Schussenrievschen Dorfe, in Schnssenried
gefänglich eingezogen worden, weil man
in ihrem Trog ein totes Kind gefunden;
weilen nnS aber die Landvogtei das Recht, da-
selbst die Totschläger zu bestrafen, von
unvordenklichen Jahren her streitig gemacht,
und man billig bei Vornah>ne einer solchen
Exekution Thätlichkeiten zu besorgen hatte,
so hatte unser kluger Abt zur Verhütung
von derlei präjndicierlichen Weitläufigkeiten
in der Stille zweien wohlbekannten Män-
nern befohlen, carcercm zu effringieren
und die inhaftierte Person loSznlassen,
welches dann alles in einer Stunde
Nachtzeit vollzogen; daö Mensch wurde
nach dem (zu jener Zeit dem Stifte March -
lhal gehörigen) Psarrdorf Uttenweiler be-
gleitet und von oa weiter geliefert; sie
bekam hernach zur Ehe einen Soldaten im
Feld, als dieser siel, nahm sie den ändertet!."
Eint jcistitin!
Nebenbei bekommen wir auch einige
Gespenster-und Spukgeschichten zu hören:
„Zn AllmannSwciler, dessen Pfarrei, als
sog. Wechselpfarrei, nach Schnssenried,
welches aber sonst damals noch dem gräf-
lichen Hause Königsegg gehörte, trug sich
im Sommer 1733 ein recht wunderlicher
und zum Teil schreckvoller Casus zu; man
murmelte nämlich dort, allwo wir damals
noch nur die Pfarre und einige Höfe be-
saßen, daß der kurz vorher daselbst ver-
storbene Stist-Bnchau'sche Maier auf einer
gewissen Wiese geist und feurig umgehe,
infolge dessen daö Gotteshaus vi jurim
ckictionis parocliinlis die Sache unter-
suchte, endlich auch auf verschiedenes Nn-
drängen den bekannten Kapuzinerpater
Engelbert Man; vom Niedlingcr Konvente
 
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