Ernst Moritz Geyger.
3*3
yon jenen seltenen
Künstlern zu tun ha-
ben, welche die Kunst
lediglich der Kunst
wegen betreiben und
deren Schaffens-Mo-
tive rein ideale sind.
In unserer merkantil
veranlagten Zeit ist
es unerhört, dass ein
Künstler eine bis zum
Höchsten u. Feinsten
ausgebildete Fähig-
keit nicht fürder als
Goldgrube ausbeutet.
Da wir ein Gleiches
auch auf dem Gebiet
der Feinplastik sehen
werden, so mag diese
Eigenheit an dem
Geygerschen Naturell
als eine Demon-
stration von Künst-
ler-Würde und echt
deutschem Idealismus
den verehrten Zeit-
genossen vorgetragen
werden. — Soweit es
der gegebene Raum
verstattet, wären nun
die graphischen Ein-
zelwerke des Näheren
zu kennzeichnen, wo-
bei jedoch zu bemer-
ken ist, dass von 1888
ab auch die Plastik
einsetzt. Auf der
Berliner Ausstellung
I887 erschien der erste
Zyklus von Geygers
Radierungen in Ge-
stalt der beiden Hirsch-
blätter und von vier
Teilen eines in grösse-
rem Umfange ge-
planten Tierwerkes.
Das letztere datiert
aus dem Jahre 1886
und alle sechs Radie-
rungen sind in diesem
1DEAL-FRAUENBUSTE. BRONZE U. SANDSTEIN.
KÖNIGL. NATIONAL-GALERIE—BERLIN I902.
Heft reproduziert.
Was Geyger im all-
gemeinen für die
Tierwelt einnimmt,
ist nicht bloss eine
persönliche Neigung
und kaprizierte Vor-
liebe , sondern eher
die Freude an dem
unendlich graduierten
Formenreichtum der
schaffenden und ent-
wickelnden Natur.
Am Tier treten die
Absichten der Natur
deutlicher zu Tage
als an dem von der
sogenannten Kultur
applanierten und vom
Schneider maskierten
Menschen. Die un-
verfälschte Seele, der
reine Instinkt, die auf
den leisesten Anreiz
reagierende Muskel-
funktion, die ursprüng-
liche Schärfe und Vir-
tuosität der Sinne und
überhaupt die lautere
Naivität des von der
Natur gegebenen und
in den Lebensbeding-
ungen ausgebildeten
Karakters alles das
gibt dem bildenden
Künstler die wunder-
vollsten Motive an
die Hand, ein Ein-
leben in die Tierseele
bietet einen uner-
schöpflichen Born
von Beobachtungen
und so sind denn
auch die Tier - Dar-
stellungen Geygers
bis in die undefinier-
baren Feinheiten
hinein zu geniessen
und besonders nach-
zuempfinden. — In
3*3
yon jenen seltenen
Künstlern zu tun ha-
ben, welche die Kunst
lediglich der Kunst
wegen betreiben und
deren Schaffens-Mo-
tive rein ideale sind.
In unserer merkantil
veranlagten Zeit ist
es unerhört, dass ein
Künstler eine bis zum
Höchsten u. Feinsten
ausgebildete Fähig-
keit nicht fürder als
Goldgrube ausbeutet.
Da wir ein Gleiches
auch auf dem Gebiet
der Feinplastik sehen
werden, so mag diese
Eigenheit an dem
Geygerschen Naturell
als eine Demon-
stration von Künst-
ler-Würde und echt
deutschem Idealismus
den verehrten Zeit-
genossen vorgetragen
werden. — Soweit es
der gegebene Raum
verstattet, wären nun
die graphischen Ein-
zelwerke des Näheren
zu kennzeichnen, wo-
bei jedoch zu bemer-
ken ist, dass von 1888
ab auch die Plastik
einsetzt. Auf der
Berliner Ausstellung
I887 erschien der erste
Zyklus von Geygers
Radierungen in Ge-
stalt der beiden Hirsch-
blätter und von vier
Teilen eines in grösse-
rem Umfange ge-
planten Tierwerkes.
Das letztere datiert
aus dem Jahre 1886
und alle sechs Radie-
rungen sind in diesem
1DEAL-FRAUENBUSTE. BRONZE U. SANDSTEIN.
KÖNIGL. NATIONAL-GALERIE—BERLIN I902.
Heft reproduziert.
Was Geyger im all-
gemeinen für die
Tierwelt einnimmt,
ist nicht bloss eine
persönliche Neigung
und kaprizierte Vor-
liebe , sondern eher
die Freude an dem
unendlich graduierten
Formenreichtum der
schaffenden und ent-
wickelnden Natur.
Am Tier treten die
Absichten der Natur
deutlicher zu Tage
als an dem von der
sogenannten Kultur
applanierten und vom
Schneider maskierten
Menschen. Die un-
verfälschte Seele, der
reine Instinkt, die auf
den leisesten Anreiz
reagierende Muskel-
funktion, die ursprüng-
liche Schärfe und Vir-
tuosität der Sinne und
überhaupt die lautere
Naivität des von der
Natur gegebenen und
in den Lebensbeding-
ungen ausgebildeten
Karakters alles das
gibt dem bildenden
Künstler die wunder-
vollsten Motive an
die Hand, ein Ein-
leben in die Tierseele
bietet einen uner-
schöpflichen Born
von Beobachtungen
und so sind denn
auch die Tier - Dar-
stellungen Geygers
bis in die undefinier-
baren Feinheiten
hinein zu geniessen
und besonders nach-
zuempfinden. — In