Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 14.1904

DOI Artikel:
Zobel, Victor: Ein Wandbild von J. V. Cissarz
DOI Artikel:
St. Louis, Abteilung Hessen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7009#0174

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
525

Ein Wandbild von J. V. Cissarz.

(Vergl. die Beilage.)

Man kann, freilich sehr im allgemeinen
gesprochen und ohne die Grenzen
festlegen zu wollen, drei Arten von Menschen
unterscheiden: die einen führen nur ein Da-
sein, ohne eigentliche Gedanken, ohne Fragen ;
die andern leben und haben sich, um es zu
können, ihre Gesetze gemacht, oder wie
man es nennen will, so besonders das von
der Freiheit; die dritten endlich erleben, sie
erleben sich und andere, indem sie eigentlich
ausserhalb stehen, als Gebende und Emp-
fangende zugleich. Sie sind die Bringer und
Förderer der Kultur, sie haben die mensch-
lichen Fähigkeiten im Schaffen oder Ge-
niessen zu künstlerischen gesteigert. Die
Werke, die sie hervorbringen, weil es sie
drängt, sich Klarheit zu schaffen, sind die
Gestaltungen innerlicher Erlebnisse.

Das Bild, das hier wiedergegeben wird,
'st die malerische Gestaltung solches Erleb-
nisses; es erzählt keine Geschichte, es ist
kaum gegenständlich interessant, es zeigt
nichts, als einen Menschen auf dem grossen
Meer. Eine Beschreibung oder schulmeister-
liche Deutung würde zu nichts führen, und
ich beschränke mich einzig auf den Versuch,
dem Werk etwas wie einen Rahmen zu
geben und den Beschauer auf einen mir
günstig scheinenden Platz zu stellen.

Cissarz, der seit etwa einem Jahre der
Darmstädter Künstler-Kolonie angehört, ist
bisher hauptsächlich auf dem Gebiete der
Buchkunst hervorgetreten ; in der diesjährigen
Ausstellung der Kolonie wird er zum ersten
Male ein abgerundetes Bild seines Schaffens
und Wollens geben. Das Wandbild zeigt
ihn rein als Maler; es ist für ein Musikzimmer
der Welt-Ausstellung in St. Louis bestimmt
und beim Anhören einer Beethovenschen
Symphonie entstanden. Die Verwandtschaft
mit den Ausdrucksformen der Musik ist
offenbar; vielleicht liegt in diesen Anklängen
an eine stofflose, allverbindende Kunst gerade
das beste, was sich überhaupt von einem
Kunstwerk sagen lässt. Alles ist in rhyth-
mischer Bewegung, das Meer, der Himmel,
der Mensch im Nachen mit seiner tapferen
Geberde; alles lebt und reisst mit sich fort.

Wir fragen vor dem Bilde nicht; aber doch
gibt es in seiner rein malerischen Lösung
eine befreiende Antwort auf die grosse
Frage: Leben und Mensch sein. Es ist das
Glücksgefühl, das uns durchzieht, wenn wir
einer Äusserung aus der Tiefe des atmenden
Lebens begegnen. . . . Ich will zuletzt die
persönliche Meinung nicht verschweigen,
dass es mir Freude macht, in dem meer-
fahrenden Menschen Cissarzens Genius zu
erblicken. — victor zobel.

£

ST. LOUIS. Die Grossherzogl. Kabinets-
Direktion in Darmstadt hat uns das
folgende, aus St. Louis bei Seiner König-
lichen Hoheit dem Grossherzog eingetroffene
Telegramm zur Veröffentlichung mitgeteilt:
»Olbrichpavillon soeben mit enor-
mem Erfolg eröffnet. Wurde als the
jewel of the whole exposition (das Juwel
der ganzen Ausstellung) vom Leiter
amerikanischer Kunstabteilung bezeich-
net. Reichskommissar Lewald.«
In Betreff des Olbrich-Pavillons entnehmen
wir dem amtlichen deutschen Ausstellungs-
Katalog folgende Angaben:

Der Pavillon, in der Hauptachse der
deutschen kunstgewerblichen Ausstellung
errichtet, stellt den Sommersitz eines Kunst-
Freundes dar. Das Gebäude ist von Pro-
fessor Olbrich entworfen. Die zu beiden
Seiten des Brunnenhofes liegenden Flügel
enthalten die Räume von Baden, Württem-
berg und Elsass-Lothringen, und zwar ein
Empfangs-Zimmer von Professor Läuger—
Karlsruhe, einen Saal für keramische Samm-
lungen von Professor Hoffacker—Karlsruhe,
ein Musik-Zimmer von Professor Pankok-
Stuttgart und ein grosses Wohn-Zimmer von
K. Spindler—St. Leonhardt. Diesen Räumen
schliesst sich im Mittelbau des Pavillons ein
Komplex von sechs zusammenhängenden
Räumen an. Diese durchweg von hessischen
Firmen nach Entwürfen von Professor
f. M. Olbrich ausgeführte?! hiterieurs (ein
grosses Wohn-Zimmer, ein Tee-Salon, ein
Bibliothek - Saal, ein Speise - Zimmer, ein
Musik- und ein Rauch-Zimmer) bilden in
ihrer Gesamtheit die hessische Abteilung.
 
Annotationen