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Anton Jaumann—München:
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CARL KUNST—MÜNCHEN. ßiich-IUusiration.
AUS EINER FOLGE »NATUR-FANTASIEEN«.
wodurch der Deutsche von andern Nationen
sich unterscheidet, es hat damals in einer
einzig dastehenden Musik seinen Ausdruck
gefunden; dass aber auch jetzt, unter der
Herrschaft von Dampf und Eisen, unter all
der blitzartigen Schnelligkeit, mit der das
moderne Leben abläuft, der Deutsche das
Träumen und Fabulieren nicht verlernt hat
und das Heer der Gefühle aus seinem Herzen
noch nicht fortgezogen, das scheinen jene
Maler und Zeichner mit ihren seltsamen Mären
und ihren mannigfaltigen tiefen Stimmungen
darzutun. — Aber es ist ein ganz anderes
Feld, auf dem sich jene allgemeine Eigen-
art der deutschen Rasse betätigt. Wir be-
kommen nicht etwa gezeichnete Geschichten
und gemalte Lyrik zu schauen, wobei also
die Poesie des Vorwurfes die Hauptsache
und die Darstellung eben nur Mittel zum
Zweck wäre, sondern die Fantasie ist hier
in erster Linie eine malerische, wie sie
damals eine musikalische war. Die male-
rische Idee ist das Primäre, und die Arbeit
der Fantasie besteht im Vorstellen von neuen
Gestalten, Farben-Stimmungen, Kompo-
sitionen. Nicht Geschichten fallen dem Maler
ein, die er dann hinterher illustriert, sondern
Bilder sind es, die vor seinem geistigen
Auge aufsteigen. Wir haben allen Grund,
uns zu freuen über diese Vielseitigkeit der
Begabung des deutschen Volkes, wo nach
einer Periode ausgesprochen musikalischer
Fantasie nun auch eine rein malerische Fan-
tasie in solcher Stärke auftritt.
Diese inneren Gesichte nun, die dem
Maler von Menschenaugen nie gesehene
Landschaften, fantastische Tiere, sowie in
der Natur-Geschichte unbekannte Pflanzen
vorzaubern, haben die Eigentümlichkeit, dass
sie, wenn der Künstler sie getreu wieder-
zugeben versteht, durchaus nicht unwahr-
scheinlich wirken. Obwohl vielleicht geolo-
gisch oder physiologisch unmöglich, er-
scheinen uns diese Gebilde doch ganz or-
ganisch, die einzelnen Teile halten fest zu-
sammen und Logik spricht aus ihrem Auf-
bau. Diese Logik ist aber nicht eine physio-
logische, sondern sie liegt im Dekorativen.
Ja, die dekorative Logik ist, möchte ich
sagen, das Kennzeichen der malerischen
Anton Jaumann—München:
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CARL KUNST—MÜNCHEN. ßiich-IUusiration.
AUS EINER FOLGE »NATUR-FANTASIEEN«.
wodurch der Deutsche von andern Nationen
sich unterscheidet, es hat damals in einer
einzig dastehenden Musik seinen Ausdruck
gefunden; dass aber auch jetzt, unter der
Herrschaft von Dampf und Eisen, unter all
der blitzartigen Schnelligkeit, mit der das
moderne Leben abläuft, der Deutsche das
Träumen und Fabulieren nicht verlernt hat
und das Heer der Gefühle aus seinem Herzen
noch nicht fortgezogen, das scheinen jene
Maler und Zeichner mit ihren seltsamen Mären
und ihren mannigfaltigen tiefen Stimmungen
darzutun. — Aber es ist ein ganz anderes
Feld, auf dem sich jene allgemeine Eigen-
art der deutschen Rasse betätigt. Wir be-
kommen nicht etwa gezeichnete Geschichten
und gemalte Lyrik zu schauen, wobei also
die Poesie des Vorwurfes die Hauptsache
und die Darstellung eben nur Mittel zum
Zweck wäre, sondern die Fantasie ist hier
in erster Linie eine malerische, wie sie
damals eine musikalische war. Die male-
rische Idee ist das Primäre, und die Arbeit
der Fantasie besteht im Vorstellen von neuen
Gestalten, Farben-Stimmungen, Kompo-
sitionen. Nicht Geschichten fallen dem Maler
ein, die er dann hinterher illustriert, sondern
Bilder sind es, die vor seinem geistigen
Auge aufsteigen. Wir haben allen Grund,
uns zu freuen über diese Vielseitigkeit der
Begabung des deutschen Volkes, wo nach
einer Periode ausgesprochen musikalischer
Fantasie nun auch eine rein malerische Fan-
tasie in solcher Stärke auftritt.
Diese inneren Gesichte nun, die dem
Maler von Menschenaugen nie gesehene
Landschaften, fantastische Tiere, sowie in
der Natur-Geschichte unbekannte Pflanzen
vorzaubern, haben die Eigentümlichkeit, dass
sie, wenn der Künstler sie getreu wieder-
zugeben versteht, durchaus nicht unwahr-
scheinlich wirken. Obwohl vielleicht geolo-
gisch oder physiologisch unmöglich, er-
scheinen uns diese Gebilde doch ganz or-
ganisch, die einzelnen Teile halten fest zu-
sammen und Logik spricht aus ihrem Auf-
bau. Diese Logik ist aber nicht eine physio-
logische, sondern sie liegt im Dekorativen.
Ja, die dekorative Logik ist, möchte ich
sagen, das Kennzeichen der malerischen