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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 15.1904-1905

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Hardenberg, Kuno von: Großherzog Ernst Ludwig und seine Bestrebungen zur Hebung der Wohnstätten-Kultur
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https://doi.org/10.11588/diglit.7137#0281

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planmäßig vorzugehen und in seinem Lande den Anfang zu machen. — In
welcher verständigen und doch temperamentvollen Weise dieses gefchehen ist,
ist hinreichend bekannt. Die Bankerotterklärung des herkömmlichen Kunst-
gewerbes gab für den Weg, der zu wählen war, den Ausfchlag: es wurden
junge talentvolle Künstler herbeigezogen, die nicht in der herkömmlichen Imitier-
und Verballhornisierungsweise der Kunst vergangener Tage Gewalt antaten,
sondern junge frifche erfindungsreiche Leute, die Begeisterung genug und den
festen Willen hatten, dem modernen Menfchen sein modernes Heim zu geben
und damit den Stil des XX. Jahrhunderts zu begründen, des XX. Jahrhunderts,
das mit seinen Eisenkonstruktionen, seiner Elektrizität, seiner Hygiene, seiner
Heiz- und Beleuchtungstechnik so viel fchreiende Bedürfnisse hat nach neuen
Schmuck- und Zierformen.

Diese Künstler mußten in enger Fühlung mit ihrem hohen Einberufer,
der den sicheren Gefchmack alter ererbter Kultur mit künstlerifcher Erfindungs-
gabe glücklich in sich vereinigt, beginnen zu erfinden und zu ersinnen. Kunst-
handwerker mußten die neuen Modelle ausarbeiten und sich in der Arbeit die
nötige Schulung erwerben und so konnten denn fchon im Jahre"1 1901 die
Angesiedelten der Welt zum ersten Male von ihren Leistungen Rechenfchaft
ablegen. - Welchem Widerspruch, welchem Spott anfangs diese geniale Ver-
anstaltung, die bloß als fchöpferifche Tat genommen, fchon das höchste Lob
verdient hätte, begegnete, ist bekannt. Doch da das Gute und Gesunde sich
fchliesslich immer Bahn bricht, so sieht es heute nach 3 Jahren fchon anders
aus und die Fachwelt gibt jeßt gerne zu, daß Darmstadts künstlerifche Pro-
duktionen ein gewaltiger Faktor im deutfchen Kulturleben geworden sind, und
dass seine Schöpfungen, wie sie sich auf Ausstellungen und in der Literatur
lebensvoll darstellen, das größte Interesse verdienen. — Wohl nur in Laien-
kreisen wird noch etwas von der höhnifchen Zweifelsucht, mit dem ein Teil
der Presse der ersten Ausstellung der Künstler-Kolonie begegnet war, verspürt,
aber auch diese Wirkungen werden bald aufhören, denn die Tatsachen sprechen
deutlicher, als es lobende oder tadelnde Worte vermögen.

Aber nicht nur Darmstadt selbst ist ein Ort geworden, wo Wohnstättenkultur
herrfcht, auch das übrige Hessenland wird fchon davon durchdrungen und zeigt
deutliche Spuren erster Ansähe.

Ein bekannter Maler sagte mir einmal: „Wenn man jeßt nach Hessen
kommt, so ist es, als sei man in eine andere freundlichere Welt geraten, überall
merkt man die Spuren einer planmäßigen Verbesserung der Bauart, ein
gefchmackvolles Anfchmiegen an das pietätvoll bewahrte Alte, ein Schonen
des Landfchaftsbildes, sogar die Bahnhöfe, die bei uns gewöhnlich nichts
anderes sind, als entseßlich verrußte Backsteinkasten, haben hier dank der
Wachsamkeit der Regierung ein gefälliges Äußere und entbehren selten einer
fröhlichen Poesie". Wer Hessen kennt, wird dem, der diese Worte sprach, nur
Recht geben können.

Natürlich genügen dem unermüdlichen Förderer der Künste diese Resultate
noch nicht, seine ideale Begeisterung will mehr, und wer das Glück gehabt
hat, einmal mit dem hohen Herrn über den weiteren Ausbau seiner Ideen zu
sprechen, der wird das wissen. Viel, gar zu viel ist noch zu tun, das Haus
des kleinen Mannes, der wenig Mittel zur Verfügung hat, seine Schönheits-

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