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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 37.1915-1916

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Ostini, Fritz von: Hans Thoma: eine Huldigung zu des Meisters 76. Geburtstag
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https://doi.org/10.11588/diglit.8533#0022

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Hans Thoma.

HANS THOMA KARLSRUHE.

sich sonst ausschließlich für den Hort der vor-
wärtsstürmenden Jugend halten. Und bei den
ultramodern sich gebärdenden Kunsthändlern
hängen die Bilder Hans Thoma's zwischen denen
der Allerneuesten und der alleinseligmachenden
Franzosen. Die Erklärung? Die Wucht einer
Persönlichkeit, wie er sie darstellt, erschüttert
eben keine neue Lehre, keine Willkür der Mode.
Er ist sozusagen eine der wenigen „ganzen Zahlen"
in der endlosen Reihe der Kunstentwicklung.

Wie alle echte Kunst, ist die Hans Thoma's,
eine Kunst, die aus innerstem Trieb, aus heiligem
Müssen stammt. Er ist sich immer selbst das
Publikum gewesen, das ihm wichtig war und
das Schaffen war ihm Lebensinhalt und Lebens-
genuß. Höchstens in seinen Bestrebungen für
Volkskunst, seinen Lithographien, seinem
„Immerwährenden Bilderkalender Chronos"
wird der Wille deutlich, zu den Vielen zu reden.
Aber nicht in der Sprache der Vielen, sondern
in der eigenen. Er ist eben Einer, der unend-
lich viel zu sagen hat und aus seinem Reichtum

»RÖMISCHE CAMPAGNA« 1912. MANNHEIMER Kl'NSTHALLE.

dem Volke geben will, dem er entstammt. Im
Wesentlichen galt ihm stets der Grundsatz, den
er einmal in einem Aufsatz über „Kunst und
Staat" so schön formuliert hat:

„Tun und Wirken als Ausdruck eines ruhigen,
in sich gegründeten Seins, ohne vorgefaßte Ab-
sicht, damit die Welt zu beglücken und be-
lehren zu wollen — ein frohes Spiel der in ihm
liegenden Kraft — ohne immer an das Bewußt-
sein einer Endabsicht, eines Zweckes dieses
Schaffens anzustoßen, das ist das Wesen eines
Künstlers." In diesem Wesen hat Hans Thoma
immer Befriedigung gefunden, ist er glücklich
gewesen auch in dem Vierteljahrhundert der
Verkennung, das er vor dem Vierteljahrhundert
der Berühmtheit durchlebte. Er selber schreibt:
„Ein wirklicher Künstler kann gar kein Kunst-
märtyrer sein, auch wenn die Lebensmisere,
die er ja mit allen Sterblichen gemeinsam zu
tragen hat, ihn verfolgt; gerade in seinem
Schaffen ist ihm etwas gegeben, was ihn über
den Zufall der Geschehnisse erhebt!" Kann

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