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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 37.1915-1916

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Fechter, Paul: Wege zur Kriegskunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.8533#0495

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Neue Wege zur Kriegskunst.

FKKI). ST ARGER —MÜNCHEN. FEDERZEICHNUNG »BUCHERZEICHEN«

Zeit gab ihrem Gefühl wenig; so wurden die Versuche
leicht zu Experimenten. Jetzt geht auf einmal eine
ungeheuere Gefühlswelle durch die Menschheit und
über sie hinweg, die nach Verdichtung und reiner
Vorstellung ringt. Der Krieg wird hier zum stärksten
Förderer des wahrhaft Zeitgemäßen; wo die eine
Kunstform ihre Grenzen findet, stellt er der anderen,
der werdenden, die größten Aufgaben.

Es liegen schon heute Anfänge einer Kriegskunst
in diesem Sinne vor. Meist graphische Arbeiten:
einige der schönen Blätter Otto Hettners, einige der
Lithographien von Erich Thum (aus der Mappe „Hinter
den Schlachten"). Die Aufgabe ist nicht leicht. Es gilt
das Gefühl der Zeit in sich zu verdichten, zu anschau-
lichem Sein zu steigern und dieses in reiner Vorstel-
lung zu entwickeln. Etwas Sinnbildliches wächst hier
— aber ein „Sinn-Bild" eines Gefühls, ein gefühltes
Symbol einer allgemeinen Welle, das außerhalb aller
sonstigen primitiv begrifflichen Bedeutungssymbolik
bleibt. Otto Hettner hat das bisher offenbar am be-
wußtesten erfaßt: Klarheit aber ist gerade hier von
nöten, um nicht auf die Abwege einer billigen Aller-
welts-Allegorik zu geraten, die bereits genug Verhee-
rungen in diesem Kriegsjahr angerichtet hat.

So scheiden sich die beiden Wege, auf denen die
Kunst zum Kriege kommen kann: es sind die gleichen
Pfade, die sich schon im Frieden deutlich von einander

zu sondern begannen. Der Krieg ver-
neint eben nicht nur, er bestätigt auch
und bestärkt, wenigstens was lebens-
kräftig und zukunftshaltig ist. — Ab-
seits von diesen beiden Wegen aber
wird vielleicht die Plastik aus diesem
Kriege sich eine Fülle neuer Bereiche-
rung holen. Sie wird vielleicht die un-
geheure menschliche Kraft, die notwen-
dig ist, um die Riesenlast dieses Ringens
zu ertragen, am unmittelbarsten gestal-
ten können, — nach dem Vorbild der
deutschen Soldaten selbst. Was man
daheim nach Photographien vermutete,
aber noch skeptisch zurückhielt, findet
hier draußen vollauf Bestätigung : in den
Gestalten dieser Männer, die draußen
liegen und nun seit Monden schon das
Schwerste über sich ergehen lassen, in
Sonne und Regen, wächst die Monu-
mentalität, die Meunier in seinen
besten Arbeiten nur angedeutet hat.
An einem Bahnübergang draußen, hin-
ter der Front, stand morgens immer
ein Ulan Posten. Der Mann war seit
Monaten nicht aus seiner Uniform ge-
kommen. Sie war eins mit ihm gewor-

FERDINAND STAEGER MÜNCHEN. »ISESUCHS-KARTE«

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