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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 43.1918-1919

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Kurth, Willy: Ausstellungen der Freien Secession Berlin 1918
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https://doi.org/10.11588/diglit.9119#0022

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Ausstellung der Freien Secession Berlin igi8.

c. chr. hartig—aachen.

gemälde »riviera-hafen«

nen, sie bleibt im alten Sinne malerisch barock,
doch ohne den Prunk des bewußten Schnörkels.

Denen, welche die Liebermanntradition um-
werten und weiter entwickelten, gehört Theo
v. Brockhusen (Abb. S. 4) als stärkste Begabung
an. Die exzentrischen Lichtaufwallungen, zu den
van Gogh seine Palette geführt hatte, haben
ein beruhigteres Maß gefunden und die herbe
Einfachheit seiner Naturauffassung eine sichere
Begleitung. Fritz Rhein ist mit weniger Klip-
pen seiner Art gefolgt. Sein Naturell steckt ganz
im bürgerlich-behaglichen. Brockhusen greift
oft mit idealistischer Strenge über das enge
Milieu des Motivs hinaus. Auch diese ältere
Generation hat ihre gestillten Klassizisten. E. R.
Weiß (Abb. S. 7) trifft in Stimmung und Farbe
eine Note, deren Klang mit den Lichtwellen
Brockhusens nichts gemeinsam hat. Er ordnet
seine Menschen, wie man schöne Blumen im
Glas ordnet, er dämpft sein Licht, wie man
ein Zimmer durch Vorhänge stimmungsvoll
macht. Aber er hat einen gesunden Geschmack,
der vor Koketterie nie erliegt. Von dem der
der Liebermanntraditon eine wirklich lebendige
Kontinuität gesichert hätte, von dem leider so
früh dahingegangenen Waldemar Rösler sieht
man ein Selbstporträt: ein einfacher klarer

Charakter. Sein Schüler Röhricht hat das große
schüttende Licht des Meisters mit viel Tempera-
ment durch ein „Hüttenwerk" fließen lassen.
Kommt man von diesen Jüngeren und Jüngsten
zu dem, dessen Name ihr Schild ziert, sieht man
sich plötzlich in dem „ Garten " Liebermanns (Abb.
S. 12), den der siebenzigjährige Meister gemalt
hat, so erfährt man deutlich, daß diese neue Fri-
sche, dieses Wiederanderssein als gestern, mehr
Persönlichkeit atmen kann, als aller Stilzwang.

Gerade die Plastik hat die neuen künstle-
rischen Erkenntnisse oft einseitiger eingefangen,
als die Malerei. In dem Knabentorso von Emmy
Roeder (Abb. S. 16) ist Anschauung und plasti-
sches Gefühl in dem Linienwillen der Kompo-
sition noch lebendig geblieben, während Milly
Steger in ihrer Tanzgruppe ihre Form nicht ein-
mal auf eine einheitliche Formel hat bringen
können. Bellings „Mensch" hat wenigstens die
Konsequenz voraus. Gauls „Eselreiter", der
seine Vorzüge schon öfter und besser im klei-
neren Format gezeigt hat, legt dem Stilwillen
der Zeit mit seiner Kenntnis eine gesunde Basis.
Zu höherer Einfachheit und expressiver Über-
zeugung hat W. Lehmbruck seinen Stil ent-
wickelt. Seelisches Dasein wird hier in echt
plastischem Gefühl erlebt........ dr. w. k.

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