CARL BLECHEN t 1840.
»WEIDENBAUM AM TEICH c
DEUTSCHE MALEREI IM 19. JAHRHUNDERT.
SONDER-AUSSTELLUNG DER GALERIE ARNOLD—DRESDEN. VON DR. W. KURTH.
Seitdem die deutsche Jahrhundert-Ausstel-
lung 1906 dem historisch gerichteten Blick
eine Fülle neuer Gesichtspunkte für die künst-
lerischen Erkenntnisse der deutschen Malerei
im 19. Jahrhundert ausgebreitet hatte, hat das
Interesse nicht geruht neue Entdeckungen bei-
zutragen und ältere zu ergänzen. Daß hierdurch
oft das Niveau, besonders bei Künstlern mitt-
leren Grades, leiden mußte, dafür ist eine be-
stimmte Propaganda verantwortlich, besonders
auf der händlerischen Seite, die mit Übereifer
Entdeckungen Ianzierte. Um so höher ist es zu
werten, daß in der Sönder-Ausstellung, die die
Galerie Arnold-Dresden zur Feier ihres hun-
dertjährigen Bestehens veranstaltet, nicht unter
einem bloßen Ergänzungsgesichtspunkt, sondern
unter einem Gesichtspunkt, der unsere Kennt-
nis von der Entwicklung der deutschen Malerei
im 19. Jahrhundert vertieft, das Material ge-
sammelt worden ist. Was der Jahrhundert-
Ausstellung 1906 mit ihrer umfassenden Or-
ganisation nicht letzte Absicht sein konnte,
nämlich den Entwicklungszug des malerischen
Sehens klar herauszustellen, hat in weiser Be-
schränkung auf erste Qualität der energischste
Förderer des Dresdener Kunstlebens L. W.
Gutbier, der Leiter der Galerie Arnold, zum
Leitmotiv gewählt. So ist eine Seite der künst-
lerischen Entwicklung des Jahrhunderts durch
die freimütigen Leihgaben der deutschen Mu-
seen und Privatsammlungen zur schönsten Ent-
faltung gebracht worden.
Das impressionistische Sehen, das wir heute
geneigt sind als das malerische Sehen schlecht-
hin anzusehen, begann auf der Jahrhundert-
Ausstellung 1906 Studie und Jugendwerk im
Leben der Künstler neu zu werten. Zum ersten-
male tritt der Abstand der unbefangenen, frei-
malerisch gesehenen Naturstudie und des unter
bestimmten Kompositionspunkten zusammen-
gefaßten Bildes bei Joh. Chr. ClaussenDahl
deutlich hervor. Nicht nur die Technik wird
durch den ungezwungenen Moment freier, son-
dern vornehmlich ist es die Auffassung der
Natur, die durch den Moment der Studie an
Intensität gewinnt und die Bezeichnung Impres-
sionismus rechtfertigt. In den prachtvollen Stu-
dien aus der Umgebung Dresdens aus den 30 er
Jahren, die Dahl auf der Ausstellung vertreten,
wird zum erstenmale unter einer atmosphäri-
XXII. Januar 1919. 1
»WEIDENBAUM AM TEICH c
DEUTSCHE MALEREI IM 19. JAHRHUNDERT.
SONDER-AUSSTELLUNG DER GALERIE ARNOLD—DRESDEN. VON DR. W. KURTH.
Seitdem die deutsche Jahrhundert-Ausstel-
lung 1906 dem historisch gerichteten Blick
eine Fülle neuer Gesichtspunkte für die künst-
lerischen Erkenntnisse der deutschen Malerei
im 19. Jahrhundert ausgebreitet hatte, hat das
Interesse nicht geruht neue Entdeckungen bei-
zutragen und ältere zu ergänzen. Daß hierdurch
oft das Niveau, besonders bei Künstlern mitt-
leren Grades, leiden mußte, dafür ist eine be-
stimmte Propaganda verantwortlich, besonders
auf der händlerischen Seite, die mit Übereifer
Entdeckungen Ianzierte. Um so höher ist es zu
werten, daß in der Sönder-Ausstellung, die die
Galerie Arnold-Dresden zur Feier ihres hun-
dertjährigen Bestehens veranstaltet, nicht unter
einem bloßen Ergänzungsgesichtspunkt, sondern
unter einem Gesichtspunkt, der unsere Kennt-
nis von der Entwicklung der deutschen Malerei
im 19. Jahrhundert vertieft, das Material ge-
sammelt worden ist. Was der Jahrhundert-
Ausstellung 1906 mit ihrer umfassenden Or-
ganisation nicht letzte Absicht sein konnte,
nämlich den Entwicklungszug des malerischen
Sehens klar herauszustellen, hat in weiser Be-
schränkung auf erste Qualität der energischste
Förderer des Dresdener Kunstlebens L. W.
Gutbier, der Leiter der Galerie Arnold, zum
Leitmotiv gewählt. So ist eine Seite der künst-
lerischen Entwicklung des Jahrhunderts durch
die freimütigen Leihgaben der deutschen Mu-
seen und Privatsammlungen zur schönsten Ent-
faltung gebracht worden.
Das impressionistische Sehen, das wir heute
geneigt sind als das malerische Sehen schlecht-
hin anzusehen, begann auf der Jahrhundert-
Ausstellung 1906 Studie und Jugendwerk im
Leben der Künstler neu zu werten. Zum ersten-
male tritt der Abstand der unbefangenen, frei-
malerisch gesehenen Naturstudie und des unter
bestimmten Kompositionspunkten zusammen-
gefaßten Bildes bei Joh. Chr. ClaussenDahl
deutlich hervor. Nicht nur die Technik wird
durch den ungezwungenen Moment freier, son-
dern vornehmlich ist es die Auffassung der
Natur, die durch den Moment der Studie an
Intensität gewinnt und die Bezeichnung Impres-
sionismus rechtfertigt. In den prachtvollen Stu-
dien aus der Umgebung Dresdens aus den 30 er
Jahren, die Dahl auf der Ausstellung vertreten,
wird zum erstenmale unter einer atmosphäri-
XXII. Januar 1919. 1