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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 43.1918-1919

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Gleichen-Rußwurm, Alexander von: Deutsche Schönheit: eine Betrachtung
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https://doi.org/10.11588/diglit.9119#0031

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Deutsche Schönheit.

R. BELLING-

CHARLOTTENBURG.

PLASTIK

»DER MENSCH«

suchen. Es ist überall, das Künstlerauge muß

es nur sehen.......................

Im 17. und 18. Jahrhundert herrschen fremde
Einflüsse so stark, daß in der darstellenden
Kunst die „deutsche Schönheit" sich unter dem
Gewände italienischer und niederländischer,
französischer und englischer Mode verbirgt.
Erst im Zopfstil ringt das heimatliche Wesen
nach Ausdruck. Dieser Stil, der bis ins Bieder-
meiertum Gebäude und Möbel, Schrift und
Kunst kräftig durchsetzt, hat ganz folgerichtig
— wenn auch vielfach unbewußt — in der
neuen Schönheitsbewegung mitgesprochen. Das
Gefühl, er gehe von der Heimat und den hei-
mischen Menschen aus, ließ ihn Wurzel fassen
oder vielmehr neu ausschlagen und es entstand
ein deutsches Haus, eine künstlerisch dazu ge-
stimmte Einrichtung und ein Idealbild des deut-
schen modernen Menschen als Porträt zunächst,
dann auch als Komposition, nachdem die histo-
rischen Stilarten Kaulbachs, Pilotys, Makarts
und Lenbachs der Vergangenheit angehörten,
nachdem in den realistischen und naturalisti-
schen Schulen eine neue Technik die Schwierig-
keit jeden Vorwurfs überwunden hatte und
nachdem — wieder im Kreislauf all mögliches

Fremde über die Palette gehuscht war. Wollen
wir uns dagegen wehren? — Gewiß nicht. Es
bereichert und läßt die ewig eine Schönheit nur
in neuen Facetten aufleuchten. Das Historische
und das Fremde nehmen der deutschen Eigenart
nichtsvon ihremReichtum.machenihnaber auch
dort fruchtbringend und lebendig, wo er bisher
unerkannt und verschlossen gewesen. Was ich
an anderer Stelle über deutsche Dichtung sagte,
gilt auch von deutscher Schönheit in bezug auf
den künstlerischen Ausdruck, sie muß national
in ihrem Wesen, international in ihrer Wirkung
sein. In Zeit und Land offenbart sich stets eine
neue eigenartige Welt, die bald dem Geschmack
des einen bald dem des andern besser zusagt,
wie Goethe es ausgesprochen:

Denn wärt ihr stets bei einer geblieben —
Wie könntet ihr noch immer lieben?
Das ist die Kunst, das ist die Welt,
Daß eins um's andere gefällt. A. v. G.-R.

£

Die Kunst soll nicht nur ein Konfekt für die Ta-
feln der Großen und Reichen sein, sie soll
eine kraftvolle Speise für alle sein; eine zweite
Natur gleichsam, soll sie wie die Sonne ihren Glanz
über Große und Kleine, über Arme und Reiche
verbreiten................. CORNELIUS.

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