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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 43.1918-1919

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Kraft, Leonhard: Hausmodelle von Prof. Emanuel v. Seidl
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https://doi.org/10.11588/diglit.9119#0073

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PRÜF. EMANUEL V. SEIDL—MÜNCHEN.

»MODELL EINES HERRENHAUSES«

HAUSMODELLE VON PROF. EMANUEL V. SEIDL.

Es hieß e wohl Eulen nach Athen tragen, wollte
man über E. v. Seidls Werden als Künstler
in diesen Heften viel Worte machen. Daß er
auch in dieser eisernen Zeit nicht rastet, be-
zeugen einige neue Planungen. Sie tragen das
Zeichen dieser schweren Tage nur darin, daß sie
nicht bis in die letzten Feinheiten Gestaltetes
vorführen. Man gewinnt einen Einblick in ein
Schaffen, dem erst friedlichere Zeiten die Krone
der Vollendung schenken können. Der Ausblick
auf Seidls liebevolle Durchbildung des Innen-
räumes bleibt diesmal verwehrt. Dafür kann ent-
schädigen, daß sich ein Ausschnitt aus einem
reichen Arbeitsfelde bietet, der gerade dadurch,
daß das zukünftige Weiterwachsen nur geahnt
werden kann, besonders reizvoll erscheint. —
Seidl sind große monumentale Aufgaben zuge-
fallen, seine Lösungen waren ihrer würdig. Aber
er hat sich nicht an sie verloren. Er blieb dem
"roblem der Wohnhausfrage treu und hat sich
um ihre kleinsten Lösungen immer großzügig
gestaltend bemüht. Er gehört nicht zu den

Neuerern um jeden Preis, noch weniger ist er ein
schwächlicher Eklektiker. Wo es ihn drängt
historischen Reminiszenzen nachzugeben, zei-
gen sie nur die Tonart an, in welcher das ganze
Werk erklingen soll. Er selbst schrieb einmal,
er sei durchs Betrachten guter Beispiele in der
Situation Architekt geworden. Ein doppeltes
Bekenntnis, zur Tradition und zur Notwendig-
keit des Zusammenhangs alles architektonischen
Gestaltens mit der Umgebung. Wie der Künstler
letzteren zu wahren weiß, zeigen erneut die hier
wiedergegebenen größeren Landsitzentwürfe.
Seidls Kunst geht aufs Malerische. Aber dieses
eint Grundriß und Aufbau zu einer Harmonie,
die nur dort sich finden kann, wo jener nicht ein
Ding an sich ist, bei dem Reißschiene und Zirkel
Gevatter gestanden. Die beiden mitgeteilten
Grundrisse zeigen die jedem Schabionisieren
abgewandte Art des Architekten. In voller, ge-
schlossener Form betont der eine scharf die
Wesensart der zukünftigen Bewohner durch den
tiefer gelegten charakteristischen Musikraum.

XX11- Okt.bc, 1M, 7
 
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