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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 43.1918-1919

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Stephani, Erich: Die Bildende Kunst nach dem Kriege, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9119#0085

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Die bildende Kunst nach dem Kriege.

nen Eindrucks die notwendigen und unentbehr-
lichen bildnerischen Daten sind, diese Frage
wurde für die nachrealistische Zeit richtung-
angebend. Sie setzt voraus, die, wenn auch nicht
in so abstrakter Form ausgesprochene Erkennt-
nis, daß das Kunstbild nicht ein empirischer
Abklatsch, sondern eine Konstruktion a priori
nach Ausdruck, also eine übersinnliche An-
schauung ist; daß der bildnerische Gegen-
stand die konstruktive Regel ist, nach der wir
anschauliche Elemente zu einem Ensemble zu-
sammenfügen, in dem alles Sichtbare nur durch
die Beziehung auf die Einheit des Ausdrucks
zu einer Bestimmtheit

wird.

Es versteht sich, daß durch diese Problem-
stellung das künstlerische Arbeitsprogramm auf
eine Ebene gestellt wird, in der das Naturvor-
bjld nur mehr als das unentbehrliche Objekt
einer analysierenden Untersuchung interessiert.
Durch die Verlegung des zuordnenden Gedan-
kens in eine Geistessphäre , deren man sich
bisher kaum bewußt geworden war, geschweige
°enn, daß man sie zum Gegenstand einer be-

sonderen Schule der Urteilskraft gemacht hätte,
war man zunächst auf methodische Übungen
angewiesen, der jedes beliebige Objekt will-
kommen sein mußte, das durch einfache und
kräftig sprechende Ausdrucksbeziehungen sich
dem neuen Untersuchungsprogramm empfahl.
Man wünschte nicht Naturgegenstände, sondern
Erkenntnisse über Naturgegenstände zu über-
mitteln. Es setzte diejenige Periode des Kunst-
schaffens ein, während welcher die Gegenwart
nur ganz konkreter ästhetischer Beziehungen
im Anschauungsbild dieses zum Gegenstand
der künstlerischen Interpretation geeignet er-
scheinen ließen, und in der alle weltanschau-
liche Stellungnahme des Künstlers oder des
Publikums zu dem gewählten Gegenstand zu-
rücktreten mußten. Wo immer durch die Kon-
stellation eines räumlich Mannigfaltigen dem
sehenden Geist die Überzeugung einer über-
sinnlichen Bestimmtheit entsteht, da ist das
Material für die künstlerische Leistung, da ist
ein Gegenstand der Darstellung gegeben.
In dieses Stadium von Wissenschaftlichkeit

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ITEKT LUCIAN BERNHARD-

BERLIN. »AUS DEM SPEISEZIMMER IM HAUSE HENKELLc

XXII.

Oktobc

1918.
 
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