Die bildende Kunst nach dem Kriege.
nen Eindrucks die notwendigen und unentbehr-
lichen bildnerischen Daten sind, diese Frage
wurde für die nachrealistische Zeit richtung-
angebend. Sie setzt voraus, die, wenn auch nicht
in so abstrakter Form ausgesprochene Erkennt-
nis, daß das Kunstbild nicht ein empirischer
Abklatsch, sondern eine Konstruktion a priori
nach Ausdruck, also eine übersinnliche An-
schauung ist; daß der bildnerische Gegen-
stand die konstruktive Regel ist, nach der wir
anschauliche Elemente zu einem Ensemble zu-
sammenfügen, in dem alles Sichtbare nur durch
die Beziehung auf die Einheit des Ausdrucks
zu einer Bestimmtheit
wird.
Es versteht sich, daß durch diese Problem-
stellung das künstlerische Arbeitsprogramm auf
eine Ebene gestellt wird, in der das Naturvor-
bjld nur mehr als das unentbehrliche Objekt
einer analysierenden Untersuchung interessiert.
Durch die Verlegung des zuordnenden Gedan-
kens in eine Geistessphäre , deren man sich
bisher kaum bewußt geworden war, geschweige
°enn, daß man sie zum Gegenstand einer be-
sonderen Schule der Urteilskraft gemacht hätte,
war man zunächst auf methodische Übungen
angewiesen, der jedes beliebige Objekt will-
kommen sein mußte, das durch einfache und
kräftig sprechende Ausdrucksbeziehungen sich
dem neuen Untersuchungsprogramm empfahl.
Man wünschte nicht Naturgegenstände, sondern
Erkenntnisse über Naturgegenstände zu über-
mitteln. Es setzte diejenige Periode des Kunst-
schaffens ein, während welcher die Gegenwart
nur ganz konkreter ästhetischer Beziehungen
im Anschauungsbild dieses zum Gegenstand
der künstlerischen Interpretation geeignet er-
scheinen ließen, und in der alle weltanschau-
liche Stellungnahme des Künstlers oder des
Publikums zu dem gewählten Gegenstand zu-
rücktreten mußten. Wo immer durch die Kon-
stellation eines räumlich Mannigfaltigen dem
sehenden Geist die Überzeugung einer über-
sinnlichen Bestimmtheit entsteht, da ist das
Material für die künstlerische Leistung, da ist
ein Gegenstand der Darstellung gegeben.
In dieses Stadium von Wissenschaftlichkeit
ARCH
ITEKT LUCIAN BERNHARD-
BERLIN. »AUS DEM SPEISEZIMMER IM HAUSE HENKELLc
XXII.
Oktobc
1918.
nen Eindrucks die notwendigen und unentbehr-
lichen bildnerischen Daten sind, diese Frage
wurde für die nachrealistische Zeit richtung-
angebend. Sie setzt voraus, die, wenn auch nicht
in so abstrakter Form ausgesprochene Erkennt-
nis, daß das Kunstbild nicht ein empirischer
Abklatsch, sondern eine Konstruktion a priori
nach Ausdruck, also eine übersinnliche An-
schauung ist; daß der bildnerische Gegen-
stand die konstruktive Regel ist, nach der wir
anschauliche Elemente zu einem Ensemble zu-
sammenfügen, in dem alles Sichtbare nur durch
die Beziehung auf die Einheit des Ausdrucks
zu einer Bestimmtheit
wird.
Es versteht sich, daß durch diese Problem-
stellung das künstlerische Arbeitsprogramm auf
eine Ebene gestellt wird, in der das Naturvor-
bjld nur mehr als das unentbehrliche Objekt
einer analysierenden Untersuchung interessiert.
Durch die Verlegung des zuordnenden Gedan-
kens in eine Geistessphäre , deren man sich
bisher kaum bewußt geworden war, geschweige
°enn, daß man sie zum Gegenstand einer be-
sonderen Schule der Urteilskraft gemacht hätte,
war man zunächst auf methodische Übungen
angewiesen, der jedes beliebige Objekt will-
kommen sein mußte, das durch einfache und
kräftig sprechende Ausdrucksbeziehungen sich
dem neuen Untersuchungsprogramm empfahl.
Man wünschte nicht Naturgegenstände, sondern
Erkenntnisse über Naturgegenstände zu über-
mitteln. Es setzte diejenige Periode des Kunst-
schaffens ein, während welcher die Gegenwart
nur ganz konkreter ästhetischer Beziehungen
im Anschauungsbild dieses zum Gegenstand
der künstlerischen Interpretation geeignet er-
scheinen ließen, und in der alle weltanschau-
liche Stellungnahme des Künstlers oder des
Publikums zu dem gewählten Gegenstand zu-
rücktreten mußten. Wo immer durch die Kon-
stellation eines räumlich Mannigfaltigen dem
sehenden Geist die Überzeugung einer über-
sinnlichen Bestimmtheit entsteht, da ist das
Material für die künstlerische Leistung, da ist
ein Gegenstand der Darstellung gegeben.
In dieses Stadium von Wissenschaftlichkeit
ARCH
ITEKT LUCIAN BERNHARD-
BERLIN. »AUS DEM SPEISEZIMMER IM HAUSE HENKELLc
XXII.
Oktobc
1918.