Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten (43.1918-1919)

»AUS SCHLOSSLI ZOLLIKON«

ENTWURF: GUSTAV AMMANN.

WIE SEHEN WIR DEN GARTEN?

„Was ich sagen wollte: zum vollkommenen Park
Wird uns wenig mehr abgehen. Wir haben Tiefen

und Höhen,
Eine Musterkarte von allem Gesträuche,
Krumme Gänge,Wasserfälle.Teiche,Pagoden, Höhlen,

Wieschen, Felsen und Klüfte,
Eine Menge Reseda und anderes Gedüfte,
Weimuthsfichten, Babylonische Weiden, Ruinen,
Einsiedler in Löchern, Schäfer im Grünen,
Moscheen und Türme mit Kabinetten,
Von Moos sehr unbequeme Betten,
Obelisken, Labyrinthe, Triumphbogen, Arkaden,
Fischerhütten, Pavillons zum Baden,
Chinesisch-gothische Grotten, Kiosken, Tings,
Maurische Tempel und Monumente,
Gräber, obgleich wir niemand begraben,
Man muß es alles zum Ganzen haben."

(Goethe, Triumph der Empfindsamkeit.)

Bis zur Jahrhundertwende ist das wohl Auf-
fassung und Inhalt des Gartens unserer Vor-
fahren gewesen. Daß es sich inzwischen ge-

ändert hat, wissen wir alle. Die alte Gesetz-
mäßigkeit, der bauliche Begriff des Gartens
ist wieder auferstanden. Und doch, wenn wir
uns die Frage stellen, wie wir eigentlich den
Garten sehen, so besteht ein sehr großer Unter-
schied zwischen jener alten und unserer heu-
tigen Gartengestaltung. Dort die Einheit des
Begriffes in den sicher umgrenzten Stilen von
Renaissance und Barock, hier in unseren Tagen
ein Tasten, eine Mannigfaltigkeit des Sehens,
das sich deutlich auch in Gartenwerken spiegelt.
Um aber weiter zu kommen, müssen wir uns
doch klar zu werden suchen, wie wir den Gar-
ten sehen. Der Begriff der „erweiterten Woh-
nung" ist zu unbestimmt und zu einseitig!
Während wir im Hause den allseitig geschlos-
senen, durch verschiedene Öffnungen durch-
brochenen Raum haben, fehlt im Gartenraum,