Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 43.1918-1919

DOI Artikel:
Hirsching, August: Los vom Schema!
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9119#0338

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Los vom Schema !

man so vielen dieser konstruierten Kunstwerke
mit dem besten Willen nicht ersparen kann.

Kunst ist nun einmal weit mehr eine Sache
des Gefühls als des Verstands; setzt mehr
noch als technisches Können die Fähigkeit
voraus, sich in einen Vorwurf künstlerisch ein-
zufühlen und mehr von innen heraus als nur
rein äußerlich die Materie zu beherrschen.

Es scheint fast, daß gerade der Künstler
germanischer Rasse mit sei-
nem Hang ins Allzugründ-
liche besonders gern diesem
künstlerischen Theoretisie-
ren zuneigt und dadurch oft
ins Unkünstlerische sich ver-
liert. Der Romane ist auch
als Künstler leichtblütiger
und leichtbeschwingter, ge-
rät ebendadurch allerdings
auch eher ins Oberflächliche,
rein Äußerliche, aber er hat
die glatte, gefällige Form,
das leichte Spielen mit der
Materie und — die große
Geste, und das ist doch in der Kunst schon sehr
viel. Mit der größeren Vertiefung des Gemüts,
die dem Deutschen nachgesagt wird, ist allzuoft
eine übertriebene Sachlichkeit und Gegenständ-
lichkeit verbunden, die gerade für die neuere
Kunst weniger von Vorteil ist.

„Wenn ihr's nicht fühlt, ihr werdet's nie er-
jagen", so möchte man immer wieder denen
zurufen, die ihre ganze Aufgabe in technischen

Formproblemen zu sehen scheinen und die
dabei gar häufig in gekünstelter, unselbständiger
Weise an der Hand von Paragraphen und Re-
zepten Kunst zu schaffen bemüht sind.

Ganz große Kunst ist immer zeitlos,
ist aller falschen Schematisierung, aller
schönen Rezepte bar, ist frei erfühlt und
steht, aus innerer Überzeugungskraft
in sich selbst gefestigt, über Zeit und
Mode weit erhaben. —
Diese Eigenschaften vermißt
man aber eben immer noch
bei vielen unserer neueren
Kunstwerke, wenn auch
nicht verkannt werden darf,
daß die Zahl derer, die auch
diese Forderungen erfüllen,
schon sehr groß und stetig
im Wachsen begriffen ist.
A

Jeder soll sich seinen Stil selbst
schaffen, dann wird sich jeder
originell ausdrücken, so wie es
seiner Natur und seinem vorge-
stellten Gedanken angemessen
ist. Ich kann und soll nur mich geben und nicht

einen andern.............ludwig richter.

A

Einzelne waren zu allen Zeiten, auch unter den
Athenern im kunstsinnigsten Gemeinwesen, die
Förderer der Kunst. Ob die Allgemeinheit in ihrem
vielstimmigen Chor ein fördernder Auftraggeber sein
wird, soll die Zukunft erweisen. Nur darf diese
nicht zu fern liegen, damit nicht die Lethargie der
Kunst zum ewigen Schlafe werde, Robert corwegh.

J. L. GAMPP. »BUCHSCHMUCK-ZEICHNUNGEN«
 
Annotationen