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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 43.1918-1919

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Georgi, Walter: Über die Ziele der Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.9119#0384

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Über die Ziele der Kunst.

scheinungen des Auslandes als anti-national
ablehnt. Mit derartigen Forderungen trifft man
die echte Kunst schnell ins Herz; ein aus sol-
cher Anregung hervorgegangenes Erzeugnis wird
leicht zum lächerlichen Homunkulus. Äußer-
licher „nationaler" Stoff, vielleicht verbunden
mit gewissen historisch-gegebenen Stilformen
begründen noch keine nationale Kunst. Ihre
Wurzeln liegen tiefer in dem Grund der Seele
eines Volkes. Drum möge man den Künstler
ungehindert aus eigener Kraft heraus sein Werk
bereiten lassen und schenke ihm hierzu das
Vertrauen, das ihm die Aufgabe erleichtert.

Sind dem Künstler neben der erforderlichen
Einsicht die notwendigen Schaffenskräfte eigen,
jene kulturbildenden Werte aus der Tiefe zu
fördern, dann wird er seinen Beruf erfüllen,
für den ihn die Vorsehung ausersehen hat. Dann
ebnet er seinem Volke, in dessen Seele er lesen
darf, den Weg. Er wird mitbestimmend auf
seine Geschicke wirken, indem er als Leiter
den Aufbau einer neu emporstrebenden Kultur-
periode überwacht. Möge der wahrhafte Künst-
ler aus der Erkenntnis der hohen Aufgabe seiner

Berufung heraus die zuversichtliche Kraft schöp-
fen, die uns aus den Tagen der Wirrnis heraus-
führen soll einem leuchtenden Ziel entgegen —
zum Vorteil unserer Kultur und zum Glück

des ganzen Volkes!............ dr. w. g.

£

In unserem Kunstleben herrschte nicht nur Freiheit,
sondern auch Gleichheit in einem sehr hohen Maße.
Die wenigen Bindungen einer reaktionären Kunstauf-
fassung auf Seiten der staatlichen Behörden fallen heute
beinahe von selbst, und es braucht keinen übermäßigen
Aufwand an Kraft mehr, um sie zu stürzen. Man muß
im Gegenteil nun dafür Sorge tragen, daß nicht das
Kind mit dem Bade ausgeschüttet werde. Denn un-
versehens erreicht man das Gegenteil von dem, was
man beabsichtigte. Weder die juryfreie Kunstausstel-
lung noch die Auswahl nach dem Urteil der Mehrheit,
sei es auch eine Mehrheit der Künstler, ist das Ideal,
um das wir jahrzehntelang uns bemühten. In der Kunst
gilt nicht die Zahl der Stimmen, sondern ihr Gewicht,
da die Kunst keine wirtschaftliche oder soziale, son-
dern eine kulturelle Angelegenheit ist. Der eine
Goethe bedeutet mehr als tausend Schreiber und
Versemacher. Wird die Kunst dem Rechte der Mehr-
heit ausgeliefert, so ist es um sie geschehen. Es würde
derselbe Kampf beginnen, der früher geführt wurde, nur
daß er weit schwerer und aussichtsloser würde, c. glaser.

ARCHITEKT E. FAHRENKAMP—DÜSSELDORF. »GRABMALc
 
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