Expressionismus.
DORA UROMHERC.KR - MÜNCHEN.
GEMÄLDE »C;E\\ ITTERSTIMMUNG«
doch die echte gute Menschlichkeit ihrer Träger.
Wir ersehen, daß der Bruch mit der gegenständ-
lichen Welt kein Produkt flauen Ästhetentums
ist — vielmehr die Tat einer aufs äußerste
innerlich und verantwortungsbewußt gewor-
denen Künstlerschaft. Der billige und kindliche
Optimismus wird geleugnet, der die Welt nimmt,
wie sie nun einmal ist und mit ihm eine Kunst,
die die Welt beschreibt, statt sie erschafft, die
spielend mit dem schönen Schein der Dinge
Wesen übersieht. Und so bedeutet Abkehr
von der Wirklichkeit ethischer Wille zur Reinheit
und Mut zugleich, den inneren Reichtum der
Seele lebendiger werden zu lassen, als die
Wirklichkeit selbst. So ist die expressionisti-
sche Kunst: Verzicht auf die Alleinherrschaft
des optischen Erlebnisses — Wirklichkeit, die
nicht ganz im Seelischen versank, von inneren
Kräften um- und aufgebrochen wurde, ist künst-
lerisch undeutbar. Unendlichkeit sprengt die
räumliche, dreidimensionale und anatomische
Ordnung der Dinge. Zerfetzte Formen künden
von der immanenten Musik, die in den Wänden
ihrer Körperlichkeit gebannt gewesen.
In der Malerei wuchs diese Neueinstellung
in Frankreichs großen Meistern Cezanne und
van Gogh. Die spürten, welch' Mißbrauch eine
epigonale Künstlerschaft mit den Formen der
Dinge trieb. Körperliches, in Tagen großer
Kunst zu glühenden Apotheosen eines rausch-
geschwellten, feuergeladenen Lebens erhoben,
degradierte in Akademien zu wächsernen Mo-
dellen. Cezanne zeigte den Weg, hinter den
verworrenen und verbrauchten Formen der
Körper ihr wesentliches zu erkennen: „Toujours
modeler en sphere, cöne et cylindre. — Je vais
en de veloppement logique de ce que nous
voyons et ressentons par 1' etude sur nature."
Van Gogh schürte phantastischen Aufruhr
in der Landschaft. Felder und Bäume züngeln
flammenhaft in entzündete Himmel, Häuser sind
zerdrückt in der Brandung ihrer Gärten, Men-
schen dämonisch erhöht mit grausam zerbro-
chenen Gesichtern, ausbrechend vor dunkler
Tragik.
Diese beiden Maler mit der Wucht ihrer
großen Ktinstlerschaft setzten zum Einbruch in
die Erscheinungswelt an. Mit ihnen lösten sich
die übrigen impressionistischen Maler von ihr.
Ausgehend vom Lichterlebnis der Natur, kam
DORA UROMHERC.KR - MÜNCHEN.
GEMÄLDE »C;E\\ ITTERSTIMMUNG«
doch die echte gute Menschlichkeit ihrer Träger.
Wir ersehen, daß der Bruch mit der gegenständ-
lichen Welt kein Produkt flauen Ästhetentums
ist — vielmehr die Tat einer aufs äußerste
innerlich und verantwortungsbewußt gewor-
denen Künstlerschaft. Der billige und kindliche
Optimismus wird geleugnet, der die Welt nimmt,
wie sie nun einmal ist und mit ihm eine Kunst,
die die Welt beschreibt, statt sie erschafft, die
spielend mit dem schönen Schein der Dinge
Wesen übersieht. Und so bedeutet Abkehr
von der Wirklichkeit ethischer Wille zur Reinheit
und Mut zugleich, den inneren Reichtum der
Seele lebendiger werden zu lassen, als die
Wirklichkeit selbst. So ist die expressionisti-
sche Kunst: Verzicht auf die Alleinherrschaft
des optischen Erlebnisses — Wirklichkeit, die
nicht ganz im Seelischen versank, von inneren
Kräften um- und aufgebrochen wurde, ist künst-
lerisch undeutbar. Unendlichkeit sprengt die
räumliche, dreidimensionale und anatomische
Ordnung der Dinge. Zerfetzte Formen künden
von der immanenten Musik, die in den Wänden
ihrer Körperlichkeit gebannt gewesen.
In der Malerei wuchs diese Neueinstellung
in Frankreichs großen Meistern Cezanne und
van Gogh. Die spürten, welch' Mißbrauch eine
epigonale Künstlerschaft mit den Formen der
Dinge trieb. Körperliches, in Tagen großer
Kunst zu glühenden Apotheosen eines rausch-
geschwellten, feuergeladenen Lebens erhoben,
degradierte in Akademien zu wächsernen Mo-
dellen. Cezanne zeigte den Weg, hinter den
verworrenen und verbrauchten Formen der
Körper ihr wesentliches zu erkennen: „Toujours
modeler en sphere, cöne et cylindre. — Je vais
en de veloppement logique de ce que nous
voyons et ressentons par 1' etude sur nature."
Van Gogh schürte phantastischen Aufruhr
in der Landschaft. Felder und Bäume züngeln
flammenhaft in entzündete Himmel, Häuser sind
zerdrückt in der Brandung ihrer Gärten, Men-
schen dämonisch erhöht mit grausam zerbro-
chenen Gesichtern, ausbrechend vor dunkler
Tragik.
Diese beiden Maler mit der Wucht ihrer
großen Ktinstlerschaft setzten zum Einbruch in
die Erscheinungswelt an. Mit ihnen lösten sich
die übrigen impressionistischen Maler von ihr.
Ausgehend vom Lichterlebnis der Natur, kam