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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 45.1919-1920

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Michel, Wilhelm: Hermann Bahlsen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9121#0300

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Hermann Bahlsen f.

HermannBahlsen.f. (schluss vons. 280) Keiner
von all den zahlreichen Künstlern, mit denen
er zu tun hatte, weiß von anderem zu erzählen
als von menschlichster Noblesse in der Behand-
lung aller Kunstdinge. Und doch tat ihm die
Kunst Propagandadienste von geradezu un-
schätzbarem Wert. Frei und freudig band sie
seine Warenpackungen zu höchst wirk-
samen Auslagen, schmückte den Tisch, auf dem
sie auftauchten, empfahl die Ware dem Gaumen
und charakterisierte die Firma schlagend und
eindeutig, wie es sich ein reklamebedürftiger
Kaufmann nur wünschen mag. Sie baute ihm
Haus und Fabrik als Riesenplakate auf, sie
schmückte Raum und Garten. Sie sicherte
ihm die Liebe und Anhänglichkeit seiner Ar-
beiter, zu deren Wohlfahrt er sie verschwen-
derisch heranzog als Wort der geistigen
Menschen, die im Vortragssaal zu ihnen spra-
chen, als Schmückerin der Arbeitsräume,
als Erbauerin guter Wohnungen. Sie wurde
der Geistespflege seiner Arbeiter dienstbar
während des Kriegs, in jener „Leibniz-Feld-
post", die er ihnen hinaussandte und an der

eine auserwählte Anzahl der besten deutschen
Federn tätig war; vielleicht das einzige gute
und menschliche Kriegserzeugnis dieser Art.
Bahlsen war in seinem Einsetzen für die Künst-
ler, die sein Interesse erregten, frei von jeder
Kleinlichkeit, mutig und sehr entschlossen. Es
mag sein, daß er in einigen Fällen (ich rechne
dazu das Riesenprojekt der Tet-Stadt) allzu
bereitwillig dem pittoresken Reiz nachgegeben
hat, den irgend eine künstlerische Neuerschei-
nung auf ihn übte. Aber auch da ehrt ihn noch
die rasche Empfänglichkeit, die Entschlossen-
heit, wertvoll Geglaubtes unter vollem Einsatz
seiner Mittel zu verwirklichen. Was Bahlsen
für die Kunstpflege seiner Stadt, Hannover,
bedeutete, entzieht sich im Einzelnen meiner
Kenntnis, wird aber von Berufenen außer-
ordentlich hoch veranschlagt. Entscheidend für
die Beurteilung seiner unendlich anziehenden
Persönlichkeit bleibt, daß aus allen seinen Le-
bensäußerungen Menschenliebe und echte
Geistfreude sprach, Triebe, die ihn befähig-
ten, der Kunst ein vorbildlicher und unersetz-
licher Freund zu sein.......Wilhelm michel.
 
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