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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 45.1919-1920

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Weinmayer, Konrad: Die Lebendigkeit der Kunstsammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9121#0238

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KARL WALSER BERLIN.

»WA.NHMAI.KRK1 IN KKKSKO-TKCIINIK

DIE LEBENDIGKEIT DER KUNSTSAMMLUNGEN.

Das ist der Museen größte Aufgabe, daß sie
dem Leben antworte, daß sie es nähre. In
der Hand des Leiters muß der Zauberstab liegen,
der die Reihen zerschlägt, der die Toten aus
ihren Gräbern ruft, nach dem Gesetz, daß Kunst
niemals für immer stirbt, sondern ewig nur
schlummernd jedem Werden sein Teil beschert.
Der Hüter solcher Schätze muß jenes Unfaßbare
in seiner Seele bergen, das solche Zauberkraft
verleiht, muß voll sein von Klingen und Singen,
eins mit der Zeit — nicht mit der Form —.
Er allein wird Wunder tun. Er wird die Schätze,
die ihm anvertraut, hineinhetzen ins Leben,
daß sie vorauseilen dem Werden, daß sie sich
mit ihm paaren, daß Kunst und Volk sich auch
wieder finden, die jener inzüchtige Gelehrten-
düokel auseinander gerissen, der den Intellekt
als den Vermittler der Kunst gepriesen.

In manchen Sammlungen mögen sich Sonder-
ausstellungen empfehlen, die Evangelien der
Zeit zu sammeln. Ein Institut aber, wie kaum
ein anderes, hat ideale Möglichkeiten, den ge-

nannten Forderungen zu genügen: das Kupfer-
stich- und Handzeichnungen-Kabinett. Ihm
stehen zwei ideale Sprechorgane zur Verfügung,
Ausstellungs- und Studiensaal. Im Studiensaal
tritt die Leitung in direkten Verkehr mit dem
Leben. Leise, von Liebe erfüllt, sei die Füh-
rung. Ihr Ziel sei die Sammlung einer Gemeine,
der heute etwa die Holzschnittinkunabeln, nicht
zuletzt ihres wundervollen Kolorits wegen,
Heiligtümer sind; nicht der Seltenheit wegen,
oder ihrer historischen Bedeutung, nein, einzig
und allein ihres künstlerischen Gehaltes wegen.
Dieser Gedanke leite auch die Ausstellungen.
Sie seien klar in diesem Zwang, selbst gegen
den Prozeß der Entstehung. Solche Kabinette
bergen Wunder über Wunder in ihren Mappen.

So allein vermittelt man Glück, den Werden-
den und dem Volk, die sie tragen. Das Volk
hat dieses reine Glück ja längst verloren, weil
ihm die Konvention alle Brunnen verdorben.
Nur reine Quellen können es ihm von neuem
schenken...........dr. konrad wkinmayer.
 
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