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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 45.1919-1920

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Michel, Wilhelm: Zierstücke in Goldschmiedearbeit von Karl Berthold
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https://doi.org/10.11588/diglit.9121#0324

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ZIERSTÜCKE IN GOLDSCHMIEDEARBEIT VON KARL BERTHOLD.

Es ist hier öfters
auf die innige Ver-
wachsenheit dieses
Künstlers mit seinem
edlen Material hinge-
wiesen worden. Es
wurden Ringe, Dosen,
Kameen von ihm ge-
zeigt, deren Form sich
sehr unmittelbar aus
den Lebensäußerun-
gen von Metall und
Stein, aus dem Willen
der bearbeitenden In-
strumente ergab. Es
war immer ein scho-
nendes Eingehen auf
das Können und Müs-
sen des Materials da.
Es war die alte,schöne
Werkstättenliebe
zum Stoff vorhan-
den, die wir als das
eigentlich belebende
Element in alten
Höchstleistungen der
Goldschmiede - Kunst
empfinden. Einen wei-
teren Beweis dafür,
wie einem Künstler
aus dieser Verliebt-
heit ins Material, aus
dieser Hingegebenheit
an die tätige Klausur
der Werkstatt neue
Formen, neue Ideen
zufließen, liefern die
Schaustücke in ver-
goldetem Silber, die
wir heute hier abbil-
den. — Dies sind
Dinge, die man nicht
zeichnen kann. Ge-
nauer: Dinge, die nie
entstehen, wenn der
Künstler vom Zei-
chenpapier aus an
seine Aufgabe heran-
geht. Hat der Gold-
schmied hier nicht das
dehnbare Silberblech
in der Hand, das sich
wölben und biegen

KART. HERTHOLD—DARMSTADT-HANAU. »ZIERSTUCK«
SILHER VERGOLDET, TEILWEISE EMAILLIERT.

will; hat er nicht den
Draht in der Hand,
der sich von selbst zu
Spiralen ringelt; sieht
er nicht mit eigenen
Augen, wie Glanz des
Metalls in Bewegung
flimmern will — dann
kommt er nicht auf
Formgedanken dieser
Art. Diese Schau-
stücke , gedacht als
blumenhaft zwecklo-
se, Reiz und Schön-
heit ausstrahlende
Zierdinge für Glas-
sturz oder Vitrine, auf
Schreibtisch od. Kon-
sole, schließen sich in
ihrem formalen Auf-
bau an pflanzliche
Motive an. Blumen-
haft, sagte ich. Das
trifft das Richtige.
Schönheit ist ihnen
Selbstzweck. Sie ste-
hen da, glänzend und
wie versunken in stil-
len Selbstgenuß, prin-
zessinnenhaft vor-
nehm , geputzt wie
Weihnachtsbäumchen,

sehr unterschieden
von allem, was sie
umgibt, und strömen

eine schmückende
Kraft von ganz bedeu-
tender Art aus. Po-
lierte , glatte Fläche
begegnet sich mit mat-
ten Stellen. Durch
den ganzen Aufbau
schlingen sich krause
Motive spiraliger
Drähte und Metall-
streifen, die an Staub-
fäden und schmale
Blätter denken lassen.
Blattartig und blu-
mensternartig entfal-
ten sich die Flächen
der größeren Stücke.
Der ganze Aufbau ist

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