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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 45.1919-1920

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Däubler, Theodor: Zur Entstehung der Modernen Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.9121#0159

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AVF.I.T. HABICHT - DÄMMST ADT,

PLASTIK »ZWEI KOPTE«

ZUR ENTSTEHUNG DER MODERNEN KUNST.

VON THEODOR DÄUBLER.

Stil ist die Forderung der letzten fünfzig
Jahre! Wahrscheinlich für die nächste Zeit
eine vergebliche, denn ohne sakrale Einstellung
dürfte Stil unmöglich seinl Weltliche Kunst
hat es in religiösen Ländern wohl oft gegeben,
gibt es auch heute: sogar ohne religiösen Hin-
tergrund. Mit Kultur hat dies aber nichts zu
tun, denn das Volk bleibt vorläufig unbeteiligt,
es lebt im Chaos. Alle der Kunst nahen Äuße-
rungen der Volksseele verfallen immer mehr
der Geschmacklosigkeit, Nichtigkeit. Die Kunst,
die wir haben, ist auch keine Kunst für die
Reichen. Weit entfernt davon. Sie ist eine
Kunst für die letzten Kunstverständigen. Diese
fangen sich langsam wieder an zu mehren: das
ist alles, was man erreichen konnte!

Und wie steht es mit dem Stil? Latent, wenn
auch in verzerrten, oft früh verkümmerten For-
men zeigt er sich. Es fehlt ihm die Bewegungs-
freiheit, die Klärung notwendig mit sich bringen
könnte. Aber etwas weiter, als zur Zeit der

großen Entfaltung impressionistischer Kunst
sind wir gekommen. Es liegt hauptsächlich da-
ran, daß Impressionismus als Schlagwort tat-
sächlich Auflösung jedes Stilgefüges bedeutet.

In Deutschland gibt es heute viele Kunstbe-
dürftige: es hängt nun alleihand davon ab, ob
man sie mit den Kunstverständigen in richtige
Fühlung bringen kann. Auf diese Art ließen
sich wieder geschmackvolle Häuser, Wohnungen
erzielen. Aber die junge Kultur wird erst ent-
stehen, wenn unser Stern sich wieder verjüngt.
Sozial! Vor allem aber geistig.

Die argen Übeltäter an der Kultur waren
schon anfangs der fünfziger Jahre: Gewinn-
sucht und Phrase. Anläßlich der Weltausstel-
lung im Londoner Kristallpalast merkte man
plötzlich, daß es vor allem mit dem Kunstge-
werbe jäh bergab ging. Zur Zeit des Man-
chestertums! Alles wurde gewissenlos zu In-
dustriezwecken ausgenützt. Ohne Bedenken
ließ man Stümper Stile aller Völker nachahmen,
 
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