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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 45.1919-1920

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Michel, Wilhelm: Über Matthias Grünewald
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https://doi.org/10.11588/diglit.9121#0037

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MATTHIAS GRUNEWALD. »INNENRII.D I

,ES EHEMALIGEN [SENHEIM» ALTARS- (UM 1508-1511 ENTSTANDEN)

ÜBER MATTHIAS GRÜNEWALD.

Mai 1912 sah ich in Neuilly die Sammlung
* Cezanne, verließ am Tage darauf Paris und
"Jhr ins Elsaß. Mülhausen, Colmar; heißer
jjiaitag, Mittagsruhe auf dem kleinen Platz vor
.m Kloster Unterlinden, Steinkühle unter
*"edrigen Bogengängen; dann in der alten
jurche der Isenheimer Altar, von Spätsonne
^strahlt, das größte künstlerische Ereigi '

HlPlnn. i I " ....

.----, uas grouie Kunsxienscne uicik"»"

feines Lebens. In Neuilly hatten mit mir einige
dreißig Menschen, meist Deutsche, auf Einlaß
»Q Pelerins Landhaus gewartet, hatten sich auf
der engen Treppe vor der großen Dreieck-
Komposition, in den schmalen Gängen und
möbel verstopften Zimmern vor den köstlichen
Stilleben und Landschaften gedrängt — ein
alltäglich wiederholtes Begebnis. Hier vor
Wünewald war ich stundenlang mit Freunden
allein. Freilich, es handelte sich damals für

alles Werden junger Kunst fast nur um Cezanne;
er war der Wichtigste des schaffenden Augen-
blicks. Dennoch blieb nachdenkliches Sinnen
nicht aus. Irgendwie schien mir etwas Falsches
darin, daß zu dem großen, entscheidenden Mei-
ster des Augenblicks Viele drängten, während
der größte Meister des Abendlandes durch die
Zufälligkeit seines Colmarer Exils in einer Un-
ausgewirktheit blieb, die von halber Obskurität
nicht weit entfernt war. Den Greco mußte man
damals gesehen haben (denn auch er gehörte
mit seiner modernen Gesinnung, mit der Kühn-
heit seiner Komposition und Farbe zu den be-
wegenden Dingen, und man übersah dafür die
parfümierte Süßlichkeit und die Manieriertheit
seines Wesens). Grünewald aber war für die
Forscher und für eine erstaunlich geringe An-
zahl von Kennern. Das schien mir falsch.

xxni.
 
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