WILHELM LEHMBRUCK t-
»BÜSTE« TERRAKOTTA.
WILHELM LEHMBRUCK f.
VON KARL SCHWARZ.
Berlin betrauert den Heimgang dreier hervor-
ragender Bildhauer, die alle in der Vollkraft
des Schaffens dahingerafft wurden: Louis
Tuaillon, den klassischen Vertreter der deutsch-
römischen Schule, Franz Metzner, den ins
Monumental-Gewaltige Strebenden und den
auf ansteigender, ruhmvoller Bahn am Leben
verzweifelten Wilhelm Lehmbruck.
Am schwersten wiegt wohl der Verlust Lehm-
brucks, denn von ihm hatten wir noch viel
Gutes zu erhoffen. Seine Kunst war noch im
Werden; sie führte ihn seine eigenen, einsamen
Wege, die uns oft unverständlich und bizarr
erschienen, die aber, je mehr wir mit ihm ver-
traut wurden, das tief Seelenvolle eines ernst-
haft ringenden Künstlers erkennen ließen.
Vor 10 Jahren stellte er zum ersten Male
in Deutschland mit den Malern der „Brücke"
aus; später erregte seine „Knieende" auf der
Kölner Sonderbundausstellung und in der
Berliner Sezession Aufsehen und es mehrten
sich die Stimmen heller Bewunderung und leisen
Befremdens. Lehmbrucks Name wurde allent-
halben genannt. Als ein Wortführer des Ex-
pressionismus war er aus Paris zurückgekehrt;
wenige Wochen vor seinem Tode wurde er
zum Mitglied der Berliner Akademie ernannt.
Die Kunstbestrebungen der letzten Jahr-
zehnte haben auch die Plastik immer mehr in
die malerischen Bahnen des Impressionismus
gelenkt, sodaß ein Künstler, der sich von diesen
Traditionen frei machte und seinen Anschluß
vielmehr in der herben Gotik suchte, zunächst
auf Widerspruch stoßen mußte.
Wir mußten uns erst an diese visionären
Gestalten mit ihren unproportionalen Gliedern,
den mageren Körpern und geschwungenen
Linien gewöhnen, um die knospenhafte Feinheit
Oktober 1919. 5
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»BÜSTE« TERRAKOTTA.
WILHELM LEHMBRUCK f.
VON KARL SCHWARZ.
Berlin betrauert den Heimgang dreier hervor-
ragender Bildhauer, die alle in der Vollkraft
des Schaffens dahingerafft wurden: Louis
Tuaillon, den klassischen Vertreter der deutsch-
römischen Schule, Franz Metzner, den ins
Monumental-Gewaltige Strebenden und den
auf ansteigender, ruhmvoller Bahn am Leben
verzweifelten Wilhelm Lehmbruck.
Am schwersten wiegt wohl der Verlust Lehm-
brucks, denn von ihm hatten wir noch viel
Gutes zu erhoffen. Seine Kunst war noch im
Werden; sie führte ihn seine eigenen, einsamen
Wege, die uns oft unverständlich und bizarr
erschienen, die aber, je mehr wir mit ihm ver-
traut wurden, das tief Seelenvolle eines ernst-
haft ringenden Künstlers erkennen ließen.
Vor 10 Jahren stellte er zum ersten Male
in Deutschland mit den Malern der „Brücke"
aus; später erregte seine „Knieende" auf der
Kölner Sonderbundausstellung und in der
Berliner Sezession Aufsehen und es mehrten
sich die Stimmen heller Bewunderung und leisen
Befremdens. Lehmbrucks Name wurde allent-
halben genannt. Als ein Wortführer des Ex-
pressionismus war er aus Paris zurückgekehrt;
wenige Wochen vor seinem Tode wurde er
zum Mitglied der Berliner Akademie ernannt.
Die Kunstbestrebungen der letzten Jahr-
zehnte haben auch die Plastik immer mehr in
die malerischen Bahnen des Impressionismus
gelenkt, sodaß ein Künstler, der sich von diesen
Traditionen frei machte und seinen Anschluß
vielmehr in der herben Gotik suchte, zunächst
auf Widerspruch stoßen mußte.
Wir mußten uns erst an diese visionären
Gestalten mit ihren unproportionalen Gliedern,
den mageren Körpern und geschwungenen
Linien gewöhnen, um die knospenhafte Feinheit
Oktober 1919. 5
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