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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 45.1919-1920

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Müller-Wulckow, Walter: Bernhard Hoetgers Wohnhaus in Worpswede
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https://doi.org/10.11588/diglit.9121#0074

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Bernhard Hoetgers Wohnhaus in Worpswede.

Ii AUS BERNHARD HOETGER.

SPEISEZIMMERS«

innen und bildet doppelte Wände, zwischen
denen fluktuierend sich die Lebensfunktionen
des Haushalts vollziehen. Magisch bricht blaues
Licht aus diesen Seitenräumen hervor, ge-
dämpfte Röte im Reflex der Wandung flutet
über die Emporen herab, ohne den Augen grelle
Lichtquellen darzubieten. Wohltuende Rück-
sicht für das Sehbedürfnis des aus der Him-
melshelligkeit Hereintretenden. Zwischen den
Außenwänden steigt in geradem Lauf die
Treppe empor. Auf der Gartenseite leitet der
Verbindungsgang zur Eingangstüre hin.

Von dieser Eingangshalle betritt man zu-
nächst den Empfangsraum, dessen Fächerform
zwischen dem alten und dem neuen Bau sich
ausspannt, der Auffahrtsallee entgegen, die von
hoher Silberpappelwand beschattet an der
Grenze des Grundstücks entlang zieht. Die
Wände dieses Viertelrunds sind aufs köstlichste
durch eine schlichte Arkatur gegliedert und
diese mit (noch unvollendeten) Malereien ge-
füllt. Über die Decke spannt sich ein bestrik-
kendes Netz einander durchkreuzender Licht-
strahlen, an deren Durchdringungen und Ktftiten-'
punkten ringförmige Wellenwirbel sich bilden,

die den Raumabschluß schwebend ins Äther-
leichte heben. Hier sind die kubistischen Form-
spielereien (im Bildrahmen befremdend an-
spruchsvoll) architektonisch-dekorativ begrün-
det und selbstverständlich angewandt. Plastiken
von der Hand des Meisters und einige erlesene
Sammlungsgegenstände füllen Tische und Vitri-
nen. — Vom Angelpunkt dieses Viertelrunds
führt ein tiefblauer Durchgang alsdann zur
Wohndiele im alten Bau. Jenseits schließen
sich die Wirtschaftsräume an. Die Diele ist
der überkommenen Aufteilung entsprechend
streng symmetrisch gegliedert zur Längsachse,
in welcher der Tisch steht. Zwei einander
gegenüber liegende Kojen bringen gedämpfte
Helligkeit. Schränke und Schreibplätze sind
dort eingebaut. In der Tiefe führen Türen rechts
und links zu den dahinterliegenden Räumen
und zu den beiden in der Mitte sich wieder
begegnenden Treppenläufen, in deren Pyrami-
denform der Kamin hineinragt, von Sitzplätzen
umgeben die Halle beherrschend. Dieser Kern
des Hauses spiegelt die Satteldachform seiner
äußeren Gestalt und verdichtet das Bewußtsein
der Geborgenheit unter seiner warmen Stroh-
 
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