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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 45.1919-1920

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Osborn, Max: Eine Vierzimmer-Wohnung von Bruno Paul
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https://doi.org/10.11588/diglit.9121#0130

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Eine Vierzimmer- Wohnung von Bruno Paul.

ragend schönes Stück. Die Füße wachsen
breiter werdend auf, und ein Zwischenteil mit
leicht geschweiften Linien sorgt für den Über-
gang zu dem schweren Instrument, das sie zu
tragen haben. Hinter den Sitzen am Flügel
steht der Bücherschrank an der Wand. Das
ergab von selbst den Gedanken, seinen breiteren
Unterbau mit Schubfächern für Noten herzu-
richten. Die schlichten rechteckigen Formen
seiner Architektur werden durch die leichte
Profilierung am Ansatz des Oberteils belebt.

Treten wir nun ins Eßzimmer, so empfinden
wir die Verwandtschaft, aber es empfangen uns
hellere und frischere Töne. Zwar die Polster-
kissen der Stühle mit der originellen, gitter-
artigen Rücklehne, sind wiederum schwarz.
Aber mit ihnen verträgt sich nun der rote Lack-
schliff der Holzmöbel. Das prachtvolle Büffet,
in seinem Aufbau aus zwei Teilen mit dem
Bücherschrank des Wohnzimmers korrespon-
dierend, leuchtet in diesem Rot. Das gibt dem
ganzen Raum etwas Einladendes, Frisches und

Appetitliches. Diese freudige Stimmung wird
noch erhöht durch die glückliche Behandlung
der Wände. Sie sind ringsum mit einer leichten
dekorativen Malerei bedeckt, die auf die Tapete
aufgetragen ward. Es ist eine Dekoration, die
durchaus expressionistischenVorstellungen ent-
sprungen ist. Aus hellgrünen Wellenlinien über
der roten Fußleiste, die etwa einen unruhigen
Waldboden von ungefähr stilisieren, wachsen
auf weißem Grunde zarte Bäumchen empor,
deren schlanke Stämme und Äste die Wände
wie mit einem reizenden, launischen Netz von
Linien überspinnen. Phantastische Blüten in
gedämpften brauen, grünen und roten Farben
wachsen daran. Und wie der Saum eines fernen
Gebirgszuges zieht sich, etwa in Manneshöhe,
ein nur angedeuteter hellbrauner Kontur durch
diesen Frühlingswald, wodurch die gleichförmi-
gen Flächen eine feine Gliederung erfahren.
Der junge Maler Adolf Friedrich Marten (z. Zt.
in St. Franzisco), der hier Bruno Pauls Mit-
arbeiter war, hat damit eine ansehnliche Probe
 
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