Erste Ausstellung der >Darmstädter Sezession*
JOSEF EBERZ—DARMSTADT. LITHOGRAPHIE »KLOSTER EBERBACH«
Anschauungsweise eingelebt und sie seinem
Empfinden dienstbar gemacht hat. An dem
Torso bemerkt man Anmut im kaskadenartigen
Fall der Linien, Reiz und Leichtigkeit der er-
tasteten Form, Freiheit und Gelöstheit der Er-
scheinung; zugleich aber auch Begrenzung in
umschriebenem Beziik, den zu verlassen bald
Gebot werden dürfte. WellHabicht gibt einen
hübschen, plastischen Einfall in den zwei Köp-
fen „Kuß", leichte, großformige Bewegung in
den beiden Tänzerinnen, klare, gute Porträt-
auffassung in dem Bildniskopf des Malers Nebel;
ohne im übrigen vergessen zu lassen, daß seine
Kunst sich weniger aus Kraft des Temperaments
als aus Intellekt und Begriff speist. Hensler-
Wiesbaden hat in seinen Bildnisköpfen origi-
nellere Charakterisierung, eine fast das Illu-
strativ-Witzige streifende, geistreiche Form.
Vier Gipsplastiken, drei Köpfe und ein Kind
von Negertyp, zeigen Bernhard Hoetger er-
griffen von neuartigen formalen Anregungen,
die ebenso wenig wie die früheren zu eigen-
stem Besitz verarbeitet zu werden scheinen.
Entwürfe zu Tempelplastik von M. Kogan
sprechen eine gehobene Sprache voll Wucht
und Pathos, bei feierlicher und sehr empfun-
dener Einfachheit der plastischen Form.
An kunstgewerblichen Dingen sind dies-
mal nur Stickereien da. In sehr entwickelter,
stilistischer Weise geht Hedwig Dülberg-
Arnheim vor, mit außerordentlicher Reife der
Technik menschliche Figur überlegen bezwin-
gend. Herta Michel-Koch zeigt daneben in
Bildsticke-eien und Wandbehang frisches Ver-
hältnis zur Natur und gesunden, munteren
Farbensinn bei freier, malerischer Handhabung
des Verfahrens.
Die hinzugezogenen Gäste tragen nicht dazu
bei, den Durchschnitt der Ausstellung zu heben.
Auf der andern Seite ist es verständlich, daß
die Sezession diesen unter lokalen Hemmungen
wacker ringenden Begabungen Ermutigung zu
spenden dachte. Sie stammen alle aus Darm-
stadt und näherer Umgebung. Es ist unter
ihren Leistungen viel Löbliches an Gesinnung,
aber kaum Reifes, noch weniger Hochwertiges
Xx'II. Dezember 1919. J
JOSEF EBERZ—DARMSTADT. LITHOGRAPHIE »KLOSTER EBERBACH«
Anschauungsweise eingelebt und sie seinem
Empfinden dienstbar gemacht hat. An dem
Torso bemerkt man Anmut im kaskadenartigen
Fall der Linien, Reiz und Leichtigkeit der er-
tasteten Form, Freiheit und Gelöstheit der Er-
scheinung; zugleich aber auch Begrenzung in
umschriebenem Beziik, den zu verlassen bald
Gebot werden dürfte. WellHabicht gibt einen
hübschen, plastischen Einfall in den zwei Köp-
fen „Kuß", leichte, großformige Bewegung in
den beiden Tänzerinnen, klare, gute Porträt-
auffassung in dem Bildniskopf des Malers Nebel;
ohne im übrigen vergessen zu lassen, daß seine
Kunst sich weniger aus Kraft des Temperaments
als aus Intellekt und Begriff speist. Hensler-
Wiesbaden hat in seinen Bildnisköpfen origi-
nellere Charakterisierung, eine fast das Illu-
strativ-Witzige streifende, geistreiche Form.
Vier Gipsplastiken, drei Köpfe und ein Kind
von Negertyp, zeigen Bernhard Hoetger er-
griffen von neuartigen formalen Anregungen,
die ebenso wenig wie die früheren zu eigen-
stem Besitz verarbeitet zu werden scheinen.
Entwürfe zu Tempelplastik von M. Kogan
sprechen eine gehobene Sprache voll Wucht
und Pathos, bei feierlicher und sehr empfun-
dener Einfachheit der plastischen Form.
An kunstgewerblichen Dingen sind dies-
mal nur Stickereien da. In sehr entwickelter,
stilistischer Weise geht Hedwig Dülberg-
Arnheim vor, mit außerordentlicher Reife der
Technik menschliche Figur überlegen bezwin-
gend. Herta Michel-Koch zeigt daneben in
Bildsticke-eien und Wandbehang frisches Ver-
hältnis zur Natur und gesunden, munteren
Farbensinn bei freier, malerischer Handhabung
des Verfahrens.
Die hinzugezogenen Gäste tragen nicht dazu
bei, den Durchschnitt der Ausstellung zu heben.
Auf der andern Seite ist es verständlich, daß
die Sezession diesen unter lokalen Hemmungen
wacker ringenden Begabungen Ermutigung zu
spenden dachte. Sie stammen alle aus Darm-
stadt und näherer Umgebung. Es ist unter
ihren Leistungen viel Löbliches an Gesinnung,
aber kaum Reifes, noch weniger Hochwertiges
Xx'II. Dezember 1919. J