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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 45.1919-1920

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Däubler, Theodor: Zur Entstehung der Modernen Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.9121#0167

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Zur Entstehung der modernen Kunst.

E.M. ENGERT-
DÄRMST \DT.

»VARIETE«

aller Verschiedenheit, sülverwandt. Spätere
Geschlechter werden das noch besser einsehen,
als wir Zeitgenossen dieser Künstler. Es geht
da wie bei verschiedenen Rassen zu. Wir sehen
in den Chinesen vor allem die Rasse: den Stil.
Das Charakteristische des einzelnen ver-
schwimmt für uns sehr häufig. Den Chinesen
ergeht es nun, wie behauptet wird, mit uns,
wenn Europäer unter sie gelangen, sehr ähn-
lich. Nun kann man wohl annehmen, daß das,
was bei großer räumlicher Entfernung eintritt,
sich auch über die Zeit hinaus bewahrheiten
müsse. Stilgefühl ist wohl meistens unbewußt.

Gehen wir zu den ruhigeren Künstlern un-
serer Tage über. Cezanne oder Gauguin, oder
eine Verbindung beider, herrschen da irgend-
wie. Die im besten Sinn geschmackvolle, un-
gemein dekorative Kunst Cesar Kleins gehört
in diese, an beste Leistungen der früheren
Generation sich anschließende Welt. Auch bei
ihm tritt das Symptom „moderner Stil" durch-
aus kenntlich hervor. Professor Hölzel hat
ebenfalls einen recht klaren Stilausdruck bei
sich und bei Schülern erreicht. In Eberz tritt
der Wunsch, vereinfacht zu schaffen, kräftig
und ich möchte sagen „saftig" zu Tage.

Heckeis Stilgefühl ist ganz eindeutig. Etwas
hart, oft wie regungslos vor dem Sturm: seine

Rhythmik möchte man beinah als ins Panische
greifend auslegen. In Kirchners besten Lei-
stungen ergibt sich oft eine Stilfügung, die man
durchaus unerzwungen, fast schon vollendet,
nennen könnte. Otto Müller ist viel zarter.
Unmöglich wird es nun, in diesem Aufsatz alle
Kämpfer für den Stil auch nur zu nennen. Fas-
sen wir zusammen: die lyrische Anschauung
eines Gauguin trifft sich schließlich vielfach
noch mit der Selbstverständlichkeit von Matisse.
Sogar auf deutschem Boden, Ich vermag das
hier wohl nur anzudeuten, ohne es bereits voll-
kommen klarlegen zu können, wenn ich für
heute den Namen Oskar Moll nenne.

In den früheren Werken Kokoschkas erleben
wir einen angespannten Zug zur Bildung:
also zum Stil. Und eigentümlicherweise, ohne
die Farbe irgendwie der Linie unterzuordnen.
Eher läßt er da sich Farbe und Strich wie
Zwillinge unterstützen, einander durchsetzen.
Jetzt ist er rein malerisch geworden: viel auf-
gelöster. Somit bleibt das von ihm aufgeworfene
Problem noch gewissermaßen unerfüllt. Unter
Meidners Fingern zuckt es japanesk auf. Er ist
imstande, Entwürfe zu neuen barocken For-
men mit dem Pinsel zu projektieren.

Langsam wirkt auch der heitere, bäurische
Einfall zu einem Stil, bei Chagall, auf seine
 
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