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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 45.1919-1920

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Albiker, Karl: Die Probleme der Plastik und das Material des Bildhauers
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https://doi.org/10.11588/diglit.9121#0185

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DIE PROBLEME DER PLASTIK UND DAS MATERIAL DES BILDHAUERS.

VON BILDHAUER KARL ALBIKER.

Das Erbe, das un-
sere Generation
um die Wende des
Jahrhunderts in der
Plastik angetreten hat,
kann nicht als ein er-
freuliches bezeichnet
werden. Es herrschte
in dieser Kunst eine
Einsichtslosigkeit über
ästhetische Forderun-
gen und Ziele, eine Be-
griffsverwirrung, die in
der ganzen Kunstge-
schichte beispiellos ist.
Wohl hat es schon viele
Perioden des Nieder-
gangs und des Verfalls
einzelner Künste ge-
geben, doch noch kaum
solche von ähnlicher
Verderbtheit. Rodins
Riesengeniekonnteuns
dank dieser heillosen
Tradition im Verhält-
nis zu der unermeß-
lichen Fülle seines Ge-
samtwerks nur wenige
Werke hinterlassen,
die wir und eine kom-
mendeGenerationrest-
los werden genießen
können, die uns über
die herrlichen Einzel-
heiten und stückweisen
Köstlichkeiten hinaus
einen plastischen Wil-
len im Gesamtaufbau
und dem Material ge-
genüber offenbaren.
Fast könnte uns schei-
nen, als ob wir es nur
einem glücklichen Zu-
fall zu danken hätten,
daß uns aus einer sol-
chen Zeit heraus eine
Balzacstatue und der
Torso des schreiten-
den Mannes geschaffen
wurden. * Man muß
sich all die in Marmor
gehauenen Säbel und
Fahnen und Wagen-

K\l;l ALBIKER. HOLZPLASTIK MÄDCHEN«

räder, all die in Bronze
gegossenen Felsen, an
denen Nymphen und
Najaden kleben, und
die tausende von an-
deren hier zur plasti-
schen Wirklichkeit ge-
wordenen Unmöglich-
keiten, die die ver-
gangene Epoche auf
dem Gewissen hat, ins
Gedächtnis zurückru-
fen, um der erzieheri-
schen Bedeutung Hil-
debrands gerecht zu
werden. * Die Kunst
Hildebrands war die
Reaktion auf die Pla-
stik seiner Zeit. Als
nicht mehr und nicht
weniger darf sie ge-
wertet werden. Wie
jede Reaktion greift sie
zunächst einzelne be-
sonders in die Augen
springende Unzuläng-
lichkeiten als beson-
ders bekämpfenswert
heraus und setzt etwas
in der Erfahrung der
Vergangenheit Erprob-
tes an deren Stelle. —
Hildebrand hat sich
gegen die Bewegung in
der Plastik gewandt
und setzte dagegen die
klassische Ruhe. — Er
kommt wieder auf die
Technik und das Mate-
rial zurück, das eine
nur in Modellierton
denkende Zeit verleug-
net hatte, und entwik-
kelt daraus die Gebun-
denheit der Komposi-
tion und des plastischen
Auf baus. Beides waren
Irrtümer — nicht die
einzigen seiner Lehre.

Den Irrtum seiner
ersten Forderung, daß
die Bewegung aus der
Plastik zu verbannen

XXIII. Deiember 191«. 5
 
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