E. BÜTTNER U. ELSA HOFFMANN.
BILD-STICKEREI »HERBST«
KÜNSTLERISCHE BILD-STICKEREIEN.
ARBEITEN VON ERICH BÜTTNER UND ELSA HOFFMANN.
Diese kleinen kultivierten und lächerlich
hübschen Nadelwerke setzen das Wort
schier in einige Verlegenheit. Was soll es hier?
Liegt nicht alles klar zutage? Seide blüht in
reizvollen Farben, zierlich schmeichelt sich der
bunte Faden sprechende Kurven entlang oder
deckt schillernde Flächen, und dem Geist und
Gemüt wird mancherlei erzählt, so plauderhaft
gemütlich, wie sonst wohl alte Kalenderzeichner
erzählen konnten. Das liest sich alles leicht
und gefällig ab, und es ist viel Unschuld in
diesem „Kunstgewerbe", das gottlob so blut-
wenig von der matronenhaften Logik und der
preußischen Ernsthaftigkeit dessen, was gemein-
hin „Kunstgewerbe" heißt, im Leibe hat. Es
lebe der Leichtsinn 1 sage ich. Der Spieltrieb,
der Einfall, das göttliche, mozartsche Geigen-
spiel der Laune! Der Ernst der Kunstübung
kommt ja beim Ausführen von selbst; wie den
jungen Menschen der Ernst des Lebens kommt,
sobald sie es zu leben beginnen. Aber laßt
dafür recht viel Spiel, Scherz, Geist beim Ent-
stehen des Werkes, beim Aufzucken des Ein-
falls sein! Tötet mir das quicke, frische Leben
nicht ab durch Erwägungen der Zweck- und
Materialmäßigkeit und wie diese elenden Be-
griffskrüppeleien heißen mögen, mit denen wir
uns einige Zeit nolens volens haben behelfen
müssen. Elsa Hoffmann stickt Bildchen in
Seide; es macht ihr Freude. Sie stickt sie so
verführerisch, so frisch, ausdrucksvoll und emp-
funden wie möglich, so daß man sehr viel von
ihrer Freude spürt, wenn man sich in diese
Nadelspiele versenkt. Der eigentliche Urgrund
aller Kunst ist Freude, insbesondere Freude
an sich selbst und am Darstellungsmittel. Das
kommt in diesen Bildchen ganz naiv wieder
heraus. Erich Büttner, dieser Zeichner und
Maler von starkem, erzählendem Instinkt, ar-
beitet schon seit Jahren mit ihr zusammen. Er
gibt ihr die Entwürfe. Ich kenne die nähere
Art ihrer Kooperation nicht — aber man kann
sie sich kaum so denken, daß die Stickerin
wirklich nur die Empfängerin der fertigen Ent-
würfe ist. Sondern zwischen Stift und Nadel,
zwischen Papier und Seide, Farbe und Faden
muß es verteiltere, reichere Beziehungen geben.
Ganz offensichtlich wirkt das Technische der
Stickerei schon auf den Entwurf über, und der
Entwurf seinerseits wird kaum von dieser sou-
veränen Künstlerin sklavisch übernommen wer-
den. Dazu zeigen diese Arbeiten zuviel Frei-
heit und selbständig überlegenen Geist. Das
ist ja bei einer derartigen Arbeit die Haupt-
leistung : wi e die an den Seidenfaden gebundene
Phantasie sich auslebt, wie sie Gefordertes aus-
BILD-STICKEREI »HERBST«
KÜNSTLERISCHE BILD-STICKEREIEN.
ARBEITEN VON ERICH BÜTTNER UND ELSA HOFFMANN.
Diese kleinen kultivierten und lächerlich
hübschen Nadelwerke setzen das Wort
schier in einige Verlegenheit. Was soll es hier?
Liegt nicht alles klar zutage? Seide blüht in
reizvollen Farben, zierlich schmeichelt sich der
bunte Faden sprechende Kurven entlang oder
deckt schillernde Flächen, und dem Geist und
Gemüt wird mancherlei erzählt, so plauderhaft
gemütlich, wie sonst wohl alte Kalenderzeichner
erzählen konnten. Das liest sich alles leicht
und gefällig ab, und es ist viel Unschuld in
diesem „Kunstgewerbe", das gottlob so blut-
wenig von der matronenhaften Logik und der
preußischen Ernsthaftigkeit dessen, was gemein-
hin „Kunstgewerbe" heißt, im Leibe hat. Es
lebe der Leichtsinn 1 sage ich. Der Spieltrieb,
der Einfall, das göttliche, mozartsche Geigen-
spiel der Laune! Der Ernst der Kunstübung
kommt ja beim Ausführen von selbst; wie den
jungen Menschen der Ernst des Lebens kommt,
sobald sie es zu leben beginnen. Aber laßt
dafür recht viel Spiel, Scherz, Geist beim Ent-
stehen des Werkes, beim Aufzucken des Ein-
falls sein! Tötet mir das quicke, frische Leben
nicht ab durch Erwägungen der Zweck- und
Materialmäßigkeit und wie diese elenden Be-
griffskrüppeleien heißen mögen, mit denen wir
uns einige Zeit nolens volens haben behelfen
müssen. Elsa Hoffmann stickt Bildchen in
Seide; es macht ihr Freude. Sie stickt sie so
verführerisch, so frisch, ausdrucksvoll und emp-
funden wie möglich, so daß man sehr viel von
ihrer Freude spürt, wenn man sich in diese
Nadelspiele versenkt. Der eigentliche Urgrund
aller Kunst ist Freude, insbesondere Freude
an sich selbst und am Darstellungsmittel. Das
kommt in diesen Bildchen ganz naiv wieder
heraus. Erich Büttner, dieser Zeichner und
Maler von starkem, erzählendem Instinkt, ar-
beitet schon seit Jahren mit ihr zusammen. Er
gibt ihr die Entwürfe. Ich kenne die nähere
Art ihrer Kooperation nicht — aber man kann
sie sich kaum so denken, daß die Stickerin
wirklich nur die Empfängerin der fertigen Ent-
würfe ist. Sondern zwischen Stift und Nadel,
zwischen Papier und Seide, Farbe und Faden
muß es verteiltere, reichere Beziehungen geben.
Ganz offensichtlich wirkt das Technische der
Stickerei schon auf den Entwurf über, und der
Entwurf seinerseits wird kaum von dieser sou-
veränen Künstlerin sklavisch übernommen wer-
den. Dazu zeigen diese Arbeiten zuviel Frei-
heit und selbständig überlegenen Geist. Das
ist ja bei einer derartigen Arbeit die Haupt-
leistung : wi e die an den Seidenfaden gebundene
Phantasie sich auslebt, wie sie Gefordertes aus-