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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 45.1919-1920

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Heilig, Wilhelm: Friedhofsanlage und das Grabzeichen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9121#0259

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Friedhofsanlage und das Grabzeichen.

ARCHITEKT FRIEDRICH
BECKER— DÜSSELDORF.

beispiels auf den Beschauer ausüben würde.

— Kann man den zweiten reinigenden Schritt
tun, ist man imstande, den opportunistischen
Weg zu verlassen, kann endlich das Reihen-
grabfeld wieder zu seinem Rechte gelangen?

Hier drängt sich die Zwischenfrage auf:
Welche Beziehungen hat die Grabmalskunst in
unmittelbarem Sinne zu der Friedhofsgestal-
tung, das Reihengrabzeichen zum Grabfelde?

— Die allerengsten Wechselbeziehungen be-
stehen sowohl bezüglich der letzteren, wie auch
der ersteren Begriffe, sofern man nicht den
Selbstzweck der Grabzeichen zum Dogma er-
hebt, sondern das große harmonische Bild im
Auge behält, in dessen Gesamteindruck sich
sowohl das große Mal der Erbbegräbnisstätte,
wie auch das Reihengrabzeichen einzuordnen
hat. Von der Gestaltung, von dem Wesen des

letzteren hängt unmittelbar die Beantwortung
der oben gestellten Fragen ab. Wie dieses
Grabzeichen ungefähr beschaffen sein muß, ist
an guten Musterbeispielen unserer Vorväter
trefflich zu ersehen.

Die Alten verstanden sich nicht nur meister-
haft auf die Formgebung, sondern vor allen
Dingen auch auf die Anordnung der Inschriften.

Stellen wir alte Steine den heutigen gegen-
über. Früher schlichteste äußere Form, letztere
innerhalb einer Ausdrucksperiode fest umrissen,
dafür aber eine nicht zu überbietende Flächen-
behandlung. Die aus den Inschriften sprechende
Urwüchsigkeit legt Zeugnis ab von dem Ver-
ständnis, das selbst der einfachste unserer Vor-
fahren dem Totenkult entgegenbrachte. Das
„Individuell-sein-wollen" bezog sich nicht auf
die äußere Form, sondern auf den Geist, der

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