Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 45.1919-1920

DOI Artikel:
Pfister, Kurt: Deutsche und französische Meister in der Münchener Neuen Staatsgalerie
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9121#0334

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Deutsche und französische Meister in der Münchener Neuen Staatsgalerie.

l\\ri. CKZANNF.

> KRUCHTF.-STII.I.EBEX

billigen Schlagworte, wie Impressionismus, Ex-
pressionismus, Synthese, Stil verzichten.

Die Vorbereitung und die Etappen dieses
Weges aufzeigen, heißt die Entwicklungsge-
schichte des Jahrhunderts schreiben. Es genüge
hier der Hinweis auf einige entscheidende
Schnittpunkte und Nervenstränge. Die Ent-
wicklung geschieht in Deutschland und Frank-
reich — der Beitrag der übrigen Länder, Eng-
land, Italien, Spanien, Rußland, die nordischen
Staaten, ist erheblich geringer —in den wechseln-
den Jahrzehnten mit verschiedener Intensität.
Zeitweise hat Frankreich die Führung; meist
ist es überlegen durch Disziplin und Haltung; mit
großen Leistungen steht Deutschland nicht nach.

Im Anfang des Jahrhunderts liegt der Haupt-
akzent auf der Linie. Die Klassizisten in Frank-
reich: David und Ingres etwa. Auch in Deutsch-
land wirken klassizistische Tendenzen; ihr
weltanschaulicher Gegenschlag: die Nazarener.
Den revolutionären Umschwung zum farbigen
Bildaufbau hin vollbringen zwei Einzelne;
Rottmann und Delacroix. Eine folgende Gene-

ration bemüht sich um tonige Gestaltung des
Natureindruckes: Barbizon, Corot; in Deutsch-
land ein weiter Kreis: Lier, Schleich, Teichlein,
Wenglein, Caspar David Friedrich, Gensler,
Schirmer. Und viele andere. Mit der natur-
nahen Strömung kämpft eine polar gerichtete,
klassizistischen und romantischen Idealen zu-
geneigte: Feuerbach und (mit Abstand) Böcklin
und Klinger. Aber der Widerstand bleibt aka-
demisch begrenzt. Der folgenden Generation,
den „Impressionisten", bedeutet das Natur-
erlebnis alles. Die epische Schönheit von Licht
und Luft, der Mensch im Gleichnis der Alltäg-
lichkeit: Manet, Degas, Renoir, Monet; Leibi
und Trübner; Liebermann, Corinth, Slevogt.

Man sagt wohl, nunmehr sei das Bild farbig
geworden. Aber die Kunst Leibis und des
frühen Manet bedeutet Schirmer und Corot
gegenüber doch nur eine graduelle, in ihrem
Ausmaß begrenzte Wandlung. Auch hier han-
delt es sich noch um Tonigkeit. Wenn auch
das Freilicht, hemmungslos entfesselt, die Bin-
dung zu lösen gewillt ist. (Wie Bilder des spä-

320
 
Annotationen